Dschochar: Lebensgefahr

Bomber schoss sich in Mund

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Attentäter: Kontakt zu russischem Bin Laden

Im Zentrum der Ermittlungen steht eine sechsmonatige Reise von Tamerlan (26), Rädelsführer des Boston-Terrors (fünf  Tote, 180 Verletzte). Unter einem Tarnnamen fuhr er in die Provinz Dagestan. Von Jänner bis August 2012 hielt er sich dort auf. Sein Vater Anzor Zarnajew lebt in Dagestans Hauptstadt Machatschkala.
Tamerlans Frau Kathe­rine Russell (23), die er zum Tragen des Tschadors zwang, soll ihn begleitet haben. Laut seinem Vater habe er „nur“ Cousins in Tschetschenien besucht.
Doch Tamerlans Mission war wohl der bewaffnete Kampf gegen „russische Besatzer“, so

FBI-Ermittler:
- Tamerlan soll in Camps gewesen sein, Militärtrainings erhalten haben.
- Auch soll er den Extremisten Doku Umarow getroffen haben. Umarow gilt als  „Russlands Bin Laden“. Er ist der gefährlichste Tschetschenen-Terrorist und für den Bombenanschlag auf die Moskauer Metro 2010 (40 Tote) verantwortlich.
- Tamerlan hatte auch intensiven Kontakt zu islamistischen Extremisten in Tschetschenien gesucht.

Als er im Leben versagte, wandte er sich an Allah
Ins Kreuzfeuer der Kritik gerät deshalb auch das FBI: Die Fahnder wurden bereits 2011 vom russischen Geheimdienst FSB über die „extremistischen Umtriebe“ Tamerlans informiert. Das FBI durchstöberte zwar Datenbanken, verhörte Familienmitglieder.
Gespenstisch aus heutiger Sicht: Ein Agent sagte zum Vater, dass die Untersuchungen vorbeugend seien: „Damit niemand eine Bombe in den Straßen Bostons zündet.“ Am Ende gab es nicht „genügend Beweise“ für eine Überwachung.
Dabei war Tamerlan nach seiner Rückkehr aus Russland radikalisiert: Er postete YouTube-Videos von Hasspredigern, kreierte Lobeshymnen auf den Dschihad.
Er suchte „den Weg Allahs“, da er im Leben auf die Verliererstraße geriet: Er rauchte und trank nicht mehr, betete fünfmal am Tag. Tamerlan starb im Kugelhagel.

 

Wird Täter nie mehr sprechen können?

Bomber schoss sich in Mund
© tz österreich

Ein Ziel der Polizei war, Dschochar Zarnajew (19), den zweiten Boston-Bomber, lebend zu fassen. Aber: Er kann über Details des schlimmsten Terroranschlages seit 9/11 nichts erzählen. Er ist schwer verletzt, sein Zustand kritisch. Vor allem: Der Student erlitt eine schwere Kehlkopfverletzung, nachdem er sich möglicherweise in den Mund schoss. Befürchtet wird, dass er nie mehr sprechen kann. Zarnajew liegt auf der Intensiv-Station der Beth-Israel-Klinik in Boston, er ist im Tiefschlaf, intubiert und mit Handschellen ans Bett gefesselt: Zwei Polizisten bewachen ihn. Die Staatsanwaltschaft will ihn wegen Terrors anklagen – Todesstrafe.

 

300 Austro-Tschetschenen sind im Visier der Fahnder

Bomber schoss sich in Mund
© tz österreich

Er lässt politische Gegner ermorden, duldet keine Aufständischen und führt ein eisernes Terror-Regime: Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow regiert in Grosny als brutaler Alleinherrscher – und Moskau sieht stillschweigend zu.
Sie sollen Tschetschenen bei uns unter Druck setzen
Hunderttausende Tschetschenen flüchteten aus Angst vor Verfolgung. Das Bomben-Attentat von Boston rückte sie jetzt wieder  ins Visier der internationalen Fahnder. In Österreich, wo 25.000 Tschetschenen leben, herrscht eine spezielle Gefahr: „300 Tschetschenen in Österreich sind Kadyrow-Gefolgsleute. Sie haben den Auftrag, andere Tschetschenen hier unter Druck zu setzen“, sagt ein Verfassungsschützer, der anonym bleiben möchte.    „Das Risiko einer Eskalation ist gegeben“, argumentiert der hohe Beamte gegenüber ÖSTERREICH.  

Kadyrow-Männer leben als Asylwerber in Österreich
Die Kadyrow-Agenten leben nicht als „U-Boot“ in Österreich, sondern tragen offiziell Asylwerber-Status. Sie beantragen – wie die anderen 25.000 Tschetschenen in Österreich – Asyl unter dem Vorwand, in ihrer Heimat verfolgt zu werden. Doch tatsächlich gehören sie zur Seite der Verfolger und handeln im Auftrag von Kadyrow. Um Lagebericht zu erstatten, pendeln einige regelmäßig nach Grosny.
Der Verfassungsschutz beobachtet die Lage sehr genau. Eine Terror-Gefahr für Österreich besteht durch die Tschetschenen nicht, es handelt sich um eine Gefahr innerhalb der tschetschenischen Community in Österreich. 2009 eskalierte die Lage. Der ehemalige Kadyrow-Bodyguard Umar Israilov wurde in Wien auf offener Straße erschossen. Für die Staatsanwaltschaft Wien war Kadyrow der Auftraggeber hinter dem Mord.

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