Absolute Mehrheit für Konservative - entgegen letzten Erwartungen kassiert die Labour-Partei eine wahre Wahl-Watsche.
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Johnson will Brexit "fristgerecht" umsetzen
Historischer Triumph
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"Blutbad" in Labour-Hochburgen
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Absolute Mehrheit für Konservative - entgegen letzten Erwartungen kassiert die Labour-Partei eine wahre Wahl-Watsche.
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat sich besorgt über den prognostizierten Ausgang der Parlamentswahl in Großbritannien gezeigt. Das Ergebnis sei "bitter" für das Land, schrieb die EU-Befürworterin am Donnerstagabend auf Twitter. Der Nachwahlbefragung zufolge haben die Konservativen von Premierminister Boris Johnson eine deutliche Mehrheit gewonnen.
Sturgeon freute sich über das starke Abschneiden ihrer Schottischen Nationalpartei SNP. Nach den Prognosen gewann die SNP 55 der 59 Wahlkreise in Schottland. Sturgeon dürfte das als Mandat für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum für den Landesteil deuten.
Der britische Premierminister Boris Johnson will sich offenbar nicht vorzeitig zum Sieger der Unterhauswahl am Donnerstag erklären. Johnson verbreitete am späten Donnerstagabend zwar das Ergebnis einer Wählerbefragung, die seinen Konservativen eine klare absolute Mehrheit vorhersagen, auf Twitter. In einem weiteren Tweet begnügte er sich aber mit allgemeinem Lob für die britische Demokratie.
"Danke an jeden in unserem großartigen Land, der gewählt, freiwillig gearbeitet und kandidiert hat. Wir leben in der großartigsten Demokratie der Welt", schrieb Johnson unter ein Bild, das ihn im Kreis von Unterstützern mit einem Plakat und der Aufschrift "We love Boris" (Wir lieben Boris) zeigt.
Nach dem wohl desaströsen Wahlergebnis schaut die politische Zukunft von Labour-Chef Corbyn ziemlich schwarz aus. Zwar betont man in der Partei, dass man das Endergebnis abwarten werde, ehe man über Personalien spreche, doch die letzten Stunden von Corbyn als Parteichef sind wohl angebrochen.
Die Aussicht auf eine absolute Mehrheit der Konservativen in Großbritannien gibt dem Pfund Auftrieb. Die britische Währung verteuerte sich am Donnerstag um gut zwei Prozent auf 1,13480 Dollar. Damit ist die Devise auf dem Weg zu höchsten Tageszuwachs seit Jänner 2017. Auch zum Euro legte das Pfund etwa zwei Prozent auf 82.845 Pence zu. Das ist der höchste Wert seit Juli 2016.
Für Corbyn hingegen ist es genau das Gegenteil. Er fährt mit seinen 191 Sitzen für die Labour-Partei bei dieser so wichtigen Schicksalswahl das schlechteste Ergebnis seit 1935 ein.
Es ist nicht nur ein Wahlsieg, sondern der höchste Wahlsieg der Konservativen seit 30 Jahren. Sollte die Exit Poll richtig liegen, dann war zuletzt Margaret Thatcher 1983 besser. Sie ergatterte damals 397 Sitze.
Die Briten haben sich mit einer erstaunlicher Mehrheit für die Konservativen und Boris Johnson entschieden. Ein "Ja" zum Brexit ist das hingegen nicht. Eine Mehrheit der Briten ist zwar gegen den Brexit und somit Johnsons Vorhaben. Allerdings haben viele das Theater um den Ausstieg satt, dass sie es einfach hinter sich bringen wollen. "Get Brexit done" war das Motto der Tories - eines, das am Ende wohl gefruchtet hat.
Wie knapp das Rennen am Ende wirklich wird, erfahren wir um kurz nach 23 Uhr. Dann schließen die Wahllokale in Großbritannien und wir wissen dann für welche Richtung die Briten sich entschieden haben.
Ausgerechnet ein als "Elmo" von der Sesamstraße verkleideter Demonstrant crashte die Stimmabgabe des Labour-Kandidaten.
© Getty Images
Die Tories warnen in einer Mail vor einem äußerst knappen Ergebnis. Wie der "Guardian" berichtet, schickte Boris Johnson an seine Unterstützer aus, dass die Wahlbeteiligung der Labour-Unterstützer sehr hoch sei und dass es "auf eine handvoll Stimmen ankomme". Bei den Konservativen scheint langsam die Angst aufzusteigen.
Light at the end of the tunnel?
— Axel Antoni #VoteTactically (@antoni_UK) December 12, 2019
Just received this message from Mr Johnson in my inbox.#VoteTactically#GetTheToriesOut pic.twitter.com/9cDNDjGDPK
Johnson und Corbyn sind bei den Wählern nicht besonders populär. Viele Briten stufen den Premierminister, der den Brexit zum 31. Jänner 2020 durchziehen will, als nicht als vertrauenswürdig ein. Corbyn, der vor allem auf soziale Themen wie Gesundheit und Bildung setzt, hat sich lange Zeit nicht klar zum Brexit positioniert. Außerdem werden ihm und seiner Partei eine feindliche Haltung gegen Juden vorgeworfen.
Ausgerechnet der Wahlkreis von Premier Boris Johnson könnte ihm eine schmerzliche Niederlage hinzufügen. Denn der Kandidat Ali Milani will Johnson zum ersten Regierungschef in der britischen Geschichte machen, der seinen Parlamentssitz verliert. In den Sozialen Medien versuchte der Labour-Kandidat die Massen für sich zu mobilisieren und so die meisten Stimmen zu bekommen. Immerhin bezeichnete das US-Magazin "Foreign Policy" den gebürtigen Iraner bereits als "größte Gefahr" für Johnson. Lustige Randnotiz: Johnson wählte nicht einmal in Uxbridge, sondern ungewöhnlicherweise in einem Wahllokal in der Nähe der Downing Street.
Glaubt man Umfragen ist sein Vorsprung in seiner Heimatgemeinde aber tatsächlich denkbar knapp. Gelingt heute wirklich die Sensation? Um kurz nach 23 Uhr wissen wir es.
Only 1% in it in #UxbridgeAndSouthRuislip and #Boris didn’t even bother to get to his own constituency to vote. #GetJohnsonOut and get @ARMilani_ in! pic.twitter.com/9vExV2AWOn
— Heydon Prowse (@HeydonProwse) December 12, 2019
Wie "Liverpool Echo" berichtet, wurden 48 Wählern in Liverpool Wahlkarten für den falschen Wahlkreis gegeben. Anstatt Rivertree wurden jene Wahlkarten für Wavertree ausgehändigt. Grund für das Chaos sei ein plötzlicher Krankheitsfall eines Mitarbeiters gewesen. Derweil werden die abgegebenen Stimmen der betroffenen Personen nicht gezählt, ehe diese nicht informiert worden sind, heißt es.
Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat auf die Bedeutung der Parlamentswahl in Großbritannien für den Kampf gegen den Klimawandel hingewiesen. "Jede Wahl ist eine Klimawahl", schrieb die 16-Jährige am Donnerstag auf Twitter. "Stimmt für eure Kinder. Stimmt für den Planeten. Stimmt für künftige Generationen. Stimmt für die Menschheit", fügte sie hinzu.
Auch dieses Mal ist der Brexit das bestimmende Wahlthema bei den Briten. Viele sehen diese Wahl deshalb auch als Richtungsentscheidung. Kommt es nun mit Johnson zu seinem harten Brexit oder steht vielleicht doch mit Corbyn ein zweites Referendum im Raum?
Eine Umfrage von YouGov vom November zeigt, dass sich die Briten - könnten sie noch einmal über den EU-Austritt abstimmen - dieses Mal knapp für einen Verbleib aussprechen würden.
Trotz lausigen Wetters gab es den ganzen Tag über einen regen Andrang auf die rund 4.000 Wahllokale im Land. Vielerorts bildeten sich lange Schlangen, die bis spät am Abend noch anhielten.
A queue 30 or so people deep at our on-campus polling place (which has been busy all day), located in the marginal Lab/Con constituency of Lincoln. You love to see it pic.twitter.com/TrxRO0MJ7q
— Mike Slaven (@mcslaven) December 12, 2019
Johnson kam mit Hund Dilyn zur Stimmabgabe. Den Hund bemühten die Konservativen auch für einen letzten Wahlaufruf: "Dilyn, der Hund, will, dass ihr heute konservativ wählt", twitterte die Partei in der Früh. "Lasst uns den Brexit-Deal durchziehen!", hatte Johnson bei seiner Abschlusskundgebung am Mittwoch in London vor tausenden Anhängern gerufen.
© Getty Images
Die Briten stimmen heute zum dritten Mal in vier Jahren über die Zusammensetzung des 650 Sitze umfassenden Unterhauses ab. Als Favorit gilt Premierminister Boris Johnson mit seinen Konservativen. Sein Verfolger ist Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour Partei.