Ukraine-Krise

Der Informations-Krieg hat bereits begonnen

Teilen

Westliche Medien berichten, die USA hätten Geheimdienstinformationen, wonach Russland den kommenden Mittwoch (16. Februar) als Zieldatum für einen Einmarsch in die Ukraine diskutiere. Der Kreml weißt die Warnungen als haltlos zurück. Doch auch in Kiew zeigt man sich irritiert.

Die US-Regierung warnt seit Wochen mit zunehmender Dramatik vor einer möglichen russischen Invasion der Ukraine. Angesichts des Aufmarschs Zehntausender russischer Soldaten an der Grenze zur Ukraine wird befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland plant. Moskau bestreitet das seit Wochen vehement und wirft den USA vor, mit Warnungen vor einer russischen Aggression im Ukraine-Konflikt die Kriegsgefahr selbst zu erhöhen.

In Europa wächst unterdessen die Sorge vor einer Eskalation. Mehrere Staaten, darunter Deutschland riefen ihre Bürger am Samstag zur Ausreise aus der Ukraine auf.

Russland ortet Propaganda-Kampagne

Die USA wollten erreichen, dass in der Gesellschaft der Eindruck entstehe, die Aggression sei "unausweichlich", sagte der russische Botschafter in Washington. Antonow. Den Menschen werde "Staub in die Augen" geblasen mit irgendwelchen Geheimdienstinformationen, ohne dass Details genannt würden. Die "Propaganda-Kampagne" der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten verfolge "provokative Ziele", teilte Moskau nach einem Telefonat von Außenminister Sergej Lawrow und seinem US-Kollegen Antony Blinken am Samstag mit. Anders als der Westen sieht Russland eine Kriegsgefahr zudem eher von ukrainischer Seite und befürchtet, dass diese versuchen könnte, die abtrünnigen Gebiete in Luhansk und Donzek mit Gewalt zurückzuholen.

Sorge vor Panik in Kiew

Selbst der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich angesichts der alarmierenden Äußerungen aus Washington irritiert. "Falls Sie oder jemand anderes zusätzliche Informationen über einen 100-prozentigen Einmarsch am 16. (Februar) haben, dann geben Sie uns bitte diese Information", sagte er. Kiew sei sich bewusst, dass es Risiken gebe. Dennoch gebe es im öffentlichen Raum zu viele Berichte über einen großen Krieg Russlands gegen die Ukraine. "Der beste Freund für die Feinde ist Panik in unserem Land", sagte Selenskyj. 

Vorfall vor Kurilen

Das russische Verteidigungsministerium teilte am Samstag mit, man habe ein US-amerikanisches U-Boot im Pazifik vertrieben, das dieses nahe der Inselgruppe der Kurilen die russische Staatsgrenze verletzt hatte. Dort seien zu dem Zeitpunkt Übungen der russischen Marine geplant gewesen. Weil die US-Besatzung zunächst Warnungen ignoriert habe, habe die russische Seite "geeignete Mittel" eingesetzt, um das Boot zum Umkehren zu zwingen.

Die USA haben diese Darstellung Russlands über einen Zwischenfall mit einem amerikanischen U-Boot im Pazifik zurückgewiesen. Ein Sprecher der US-Marine für den indopazifischen Raum teilte auf dpa-Anfrage mit: "Die russischen Behauptungen, dass wir in ihren Hoheitsgewässern operieren, sind nicht wahr." Er werde sich nicht zum genauen Standort von US-Booten äußern, "aber wir fliegen, segeln und operieren sicher in internationalen Gewässern".

Telefonate ohne Erfolg

US-Präsident Joe Biden und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatten am Samstag nacheinander mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Sie versuchten erneut, eine Eskalation im Konflikt um die Ukraine abzuwenden. Biden warnte Putin eindringlich vor einer Invasion und drohte einmal mehr mit schwerwiegenden Konsequenzen.

NATO-Osterweiterung

Putin wiederum kritisierte die Haltung des Westens und sieht Russlands Forderungen nach Sicherheitsgarantien nicht ernst genommen. Russland sieht sich außerdem von der NATO bedroht - und will deshalb etwa ein Vorrücken des Bündnisses in die Ukraine verhindern. Schon lange lösen die vielen Manöver mit Beteiligung von Soldaten der NATO-Staaten sowie die Waffenlieferungen der USA und anderer Staaten an die Ukraine bei russischen Militärs Widerstand aus. Auch die Soldaten auf russischer Seite entlang der ukrainischen Grenze gelten als ein Druckmittel, um mit dem Westen bei Gesprächen über die von Moskau geforderten Sicherheitsgarantien zu Ergebnissen zu kommen. 

Russland hätte aus Sicht von Experten nur Nachteile von einem Krieg. Putin warf erst dieser Tage den USA wieder vor, die Ukraine als Spielball für geopolitische Ziele zu nutzen, um Russland zu destabilisieren. Auch Europa wäre von den Schockwellen betroffen. Schon jetzt haben die Landeswährungen in Russland und in der Ukraine an Wert gegenüber dem Dollar verloren. Kapital wandert ab. Investoren zögern. Allein für die Rohstoffgroßmacht Russland wären die wirtschaftlichen Auswirkungen eines weiteren Krieges verheerend.
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.