WHO verschärfte Risiko-Einschätzung im Kongo - Impfstoff für 300.000 Menschen verfügbar.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nach dem Auftauchen eines Ebola-Falls in einer kongolesischen Millionenstadt ihre Risiko-Einschätzung verschärft. Weil die Stadt Mbandaka durch einen Fluss, Straßen und den Flughafen mit anderen Bevölkerungszentren vernetzt sei, habe sich das Risiko der Ausbreitung erhöht, warnte die WHO am Freitag in Genf.
Sie sieht aber dank der schnellen Reaktion der Regierung auf den Ebola-Ausbruch insgesamt zunächst keinen Grund einen "internationalen Gesundheitsnotstand" auszurufen. Er sei vom Einsatz der kongolesischen Regierung beeindruckt gewesen, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Freitag in Genf. Inzwischen sind die gefährlichen Viren laut Gesundheitsministerium im Kongo bei 14 Menschen bestätigt worden, darunter bei einem Toten.
Nachbarländer sollen sich vorbereiten
Der von der WHO einberufene Ausschuss für Notfälle rief am Freitagnachmittag die lokalen Gesundheitsbehörden auf, ihre strikte Überwachung aufrechtzuerhalten. Die Nachbarländer sollten wachsam sein und sich vorbereiten. "Es gibt starke Gründe davon auszugehen, dass die Situation unter Kontrolle gebracht werden kann", sagte Robert Steffen, der Vorsitzende des Ausschusses. Er verwies auf die rasche Information der Bevölkerung und die schnell eingerichtete Luftbrücke für Helfer und Güter in abgelegene Regionen. "Sollte es eine internationale Ausbreitung geben, wird der Ausschuss seine Entscheidung überdenken", sagte Steffen.
Die Behörden im Kongo gingen von 45 möglichen oder tatsächlichen Fällen aus. Neben den 14 bestätigten Fällen seien 21 Fälle wahrscheinlich und zehn mutmaßlich Ebola. Insgesamt sind 25 Menschen mit hämorrhagischem Fieber gestorben.
Das Risiko einer Ausbreitung im Kongo sei nach dem Auftauchen des Falls Mbandaka am Mittwoch gestiegen, teilte die WHO mit. Die anderen bestätigten Fälle wurden in der abgelegenen Region Bikoro rund 150 Kilometer von Mbandaka entfernt bekannt. Es ist der neunte Ebola-Ausbruch in den vergangenen 40 Jahren im Kongo, aber alle blieben in abgelegenen Regionen isoliert. Wegen des heute deutlich regeren Verkehrs hält die WHO auch das Risiko einer Ausbreitung über die Landesgrenzen hinaus für hoch.
WHO könnte im Ernstfall auf Impfstoff für 300.000 Menschen zurückgreifen
Erstmals hat die WHO einen neuen Impfstoff in den Kongo gesandt. Er sei bereits an 16.000 Menschen erfolgreich erprobt worden, teilte die WHO mit. 7.500 Menschen könnten mit dem nun geschickten Impfstoff geimpft werden. Er sei bei einer Kühlung von zwei bis acht Grad zwei Wochen haltbar. Die WHO könnte im Ernstfall auf Impfstoff für 300.000 Menschen zurückgreifen. Geimpft werden sollen Leute, die mit Infizierten in Kontakt waren, sowie Pfleger und Ärzte.
Das UN-Kinderhilfswerk Unicef will zusammen mit der kongolesischen Regierung und anderen Organisationen Hunderte Helfer mobilisieren. Sie sollen Kinder und Familien über die Gefahren von und Maßnahmen gegen Ebola informieren. Die EU stellte 1,6 Millionen Euro zur Bekämpfung der Seuche bereit und will Flüge für Helfer und Ausrüstung organisieren, wie EU-Kommissar Christos Stylianides sagte.
WHO hat vier mal einen Gesundheitsnotstand ausgerufen
Die WHO hat in ihrer Geschichte vier mal einen Gesundheitsnotstand ausgerufen: bei Ausbruch der Schweinegrippe 2009, bei der Ebola-Krise in Westafrika 2014 und bei der Zika-Epidemie und zahlreichen Schädelmissbildungen von Neugeborenen 2016. Sie wurden nach Eindämmung der Krise jeweils beendet. Seit Mai 2014 besteht ein "internationaler Gesundheitsnotstand" wegen Kinderlähmung. Das Notfall-Expertengremium verlängerte ihn erst am 10. Mai um drei Monate. Betroffen sind Afghanistan, Pakistan, Nigeria und Somalia.
Das Ebola-Virus gehört zu den gefährlichsten Krankheitserregern der Welt. Es kann hämorrhagisches - mit Blutungen einhergehendes - Fieber auslösen. Jeder zweite Erkrankte stirbt nach WHO-Angaben. Im Afrika gibt es immer wieder vereinzelt Fälle. Bei der bisher größten Ebola-Epidemie starben in den westafrikanischen Staaten Liberia, Guinea und Sierra Leone 2014 und 2015 mehr als 11.000 Menschen.