Zypern will UN-Sicherheitsrat einbeziehen

Zypernkonflikt: Erdogan spricht von "neuer Ära"

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Die Ankündigung türkisch-zypriotischer Behörden für eine teilweise Wiedereröffnung einer verlassenen und in der Militärzone gelegenen Stadt stößt auf scharfe Kritik.  

Der zypriotische Präsident Nikos Anastasiades bezeichnete das Vorgehen in Varosha am Mittwoch als "illegal und inakzeptabel". Außenminister Nikos Christodoulides sagte: "Da ist ein klarer Bruch der UN-Resolutionen und wird einen Neustart der Gespräche erschweren."

Die griechischen Zyprioten repräsentieren Zypern insgesamt nach außen. Sie fürchten, dass türkische Zyprioten mit Hilfe der Türkei eine Abtrennung vorantreiben wollen. Eigentlich waren neue Gespräche geplant, um das Verhältnis zu verbessern.

Die Militärzone, die den griechischen und den türkischen Teil im Norden der Insel trennt, darf nicht betreten werden. Laut UN-Resolution soll Varosha unter Verwaltung der Vereinten Nationen gestellt werden, den früheren Bewohnern soll die Rückkehr erlaubt werden. Nordzyperns Präsident Ersin Tatar hatte am Dienstag angekündigt, den Status von Varosha als militärisches Sperrgebiet aufzuheben und weitere Flächen dieses Teils der Stadt Famagusta zugänglich zu machen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einer "neuen Ära" für die frühere Touristenhochburg Varosha.

Nikos Dendias fordert Konsequenzen

Das griechische Außenministerium erklärte, es verurteile das Vorgehen "auf das Schärfste". Die Problematik gehöre außerdem auf die Agenda der EU, so der griechische Außenminister Nikos Dendias. Dendias forderte zudem Konsequenzen. "Es gibt keinen Rahmen für die Verbesserung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei, solange die Türkei auf Zypern illegal agiert", sagte er am Mittwoch bei einem Besuch in der zypriotischen Hauptstadt Nikosia.

Großbritannien als ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrats kündigte an, das Thema dringend mit anderen Ratsmitgliedern zu diskutieren. Noch am Mittwoch soll es im Sicherheitsrat aufgerufen werden. Großbritannien fordere alle Parteien auf, keine Maßnahmen zu ergreifen, die "die Spannungen auf der Insel verstärken", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in London.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bezeichnete die geplante weitere Öffnung Varoshas als "absolut inakzeptabel". "Wir fordern die Türkei auf, diese Provokationen und einseitigen Aktionen unverzüglich einzustellen und das Völkerrecht zu respektieren", schrieb Schallenberg auf Twitter. Österreich unterstütze seinen EU-Partner Zypern "bei der Suche nach einer umfassenden Regelung im Einklang mit den UN-Resolutionen des Sicherheitsrats", so Schallenberg.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borell nannte die Entscheidung "inakzeptabel" und einseitig. Das türkische Außenministerium erklärte am Dienstag dazu, Borells Äußerung sei ein weiterer Beweis dafür, wie abgekoppelt die EU von den Realitäten in Zypern sei.

Scharfe Kritik äußerten am Mittwoch auch die USA. "Die Vereinigten Staaten betrachten das Vorgehen der türkischen Zyprioten in Varosha mit Unterstützung der Türkei als provokativ, inakzeptabel und unvereinbar mit ihren früheren Verpflichtungen, sich konstruktiv an Gesprächen zur Beilegung des Konflikts zu beteiligen", hieß es in einer Mitteilung von US-Außenminister Antony Blinken.

Die türkisch-zyprischen Behörden öffneten im November 2020 ein kleines Gebiet für Tagesbesuche. Am Dienstag signalisierten sie, dass die seit dem Zypern-Krieg 1974 verlassene Stadt Varosha - die auch Varosia genannt wird und deren türkischer Name Maras lautet - wieder besiedelt werden könnte.

Der Streit spielt sich vor dem Hintergrund der jahrzehntealten Teilung der Insel und Trennung der Bevölkerung in griechische und türkische Zyprioten ab. Die Türkei hält den Norden der Insel seit 1974 besetzt. Damals hatten griechische Putschisten den Anschluss der gesamten Insel an Griechenland durchsetzen wollen. Türkisches Militär wehrte dies ab und kontrolliert seither den Norden. Die dortige Türkische Republik Nordzypern wird nur von der Türkei, nicht aber von der internationalen Gemeinschaft als Staat anerkannt. Umgekehrt unterhält die Türkei keine diplomatischen Beziehungen zur international anerkannten zypriotischen Regierung. Die Republik Zypern ist seit 2004 Mitglied der EU. Die Türkei pocht auf eine Zweistaatenlösung für die Insel.
 

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