SPD-Kanzlerkandidat?

EU-Parlamentspräsident Schulz wechselt in deutsche Politik

Teilen

Sozialdemokrat bestätigt Zeitungsbericht und kündigt Erklärung an.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz wechselt in die deutsche Bundespolitik. Das bestätigte er dem ARD-Europastudio nach Angaben des Senders in der Nacht auf Donnerstag. Demnach will sich Schulz am Vormittag in Brüssel äußern. Zuvor hatte bereits die "Süddeutsche Zeitung" über einen bevorstehenden Wechsel berichtet. Offen ist, ob er Außenminister, SPD-Kanzlerkandidat oder sogar beides wird.

Schulz soll nach Angaben aus Parteikreisen auf Platz eins der nordrhein-westfälischen SPD-Landesliste bei der Bundestagswahl 2017 antreten, schreibt die "Süddeutsche". Diese Entscheidung sei am Mittwochabend in Kreisen der Landespartei schon kommuniziert worden. Lange hatte es geheißen, Schulz kämpfe um eine weitere Amtszeit an der Spitze der EU-Volksvertretung, die am heutigen Donnerstag ihre monatliche Plenartagung in Straßburg abschließt.

Karas nächster EU-Parlamentspräsident?

Nach der Europawahl 2014 hatten die beiden großen Fraktionen im Europaparlament vereinbart, jeweils zweieinhalb Jahre den Präsidentenposten zu besetzen. Nach dem Sozialdemokraten Schulz soll nun im Jänner ein Abgeordneter der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) gewählt werden. Als möglicher Anwärter auf den Posten des EU-Parlamentspräsidenten gilt auch ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas.

Bei der Suche nach einem SPD-Kanzlerkandidaten gilt Schulz als mögliche Alternative zum Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel. Als weiteren Aspiranten hierfür nennt die "Süddeutsche" Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz. Schulz ist auch als Nachfolger für Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Gespräch, den die Große Koalition als gemeinsamen Kandidaten für die Wahl zum deutschen Bundespräsidenten im kommenden Februar aufgestellt hat.

Gabriel als Zünglein an der Waage

Vizekanzler Gabriel hat als SPD-Chef das erste Zugriffsrecht in der "K-Frage". Er ist aber noch unentschieden, ob er antritt. Sollte Gabriel wie schon im Jahr 2013 wegen seiner mäßigen Beliebtheitswerte verzichten, könnte die Stunde von Schulz schlagen. Er hatte bei der Europawahl 2014 als gesamteuropäischer Spitzenkandidat der Sozialdemokraten einen Achtungserfolg in Deutschland erzielen können.

Die SPD wollte sich durch die erneute Kanzlerkandidatur von Angela Merkel nicht unter Druck setzen lassen und erst Ende Jänner entscheiden, wen sie gegen die CDU-Amtsinhaberin ins Rennen schickt. Diese Frage solle - wie schon geplant - auf einer Vorstandsklausur geklärt werden, beschloss die SPD-Spitze am Montag einstimmig. Auch die Festlegung auf einen Nachfolger für Steinmeier im Auswärtigen Amt ist für die zweite Januarhälfte avisiert. Fraglich ist, ob eine mögliche Vorentscheidung nicht schon vorher durchsickert.

Schulz als Kanzler und Außenminister?

Kürzlich machte eine Meldung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Runde, Schulz wolle nur dann die Nachfolge von Steinmeier antreten, wenn er die Zusage für die SPD-Kanzlerkandidatur bekomme. Mit Empörung wiesen das die Parteizentrale und Schulz zurück. Nach dpa-Informationen bot Gabriel seinem alten Weggefährten an, das Außenamt für die acht Monate bis zur Bundestagswahl im Herbst 2017 zu übernehmen.

Schulz gilt als leidenschaftlicher Europapolitiker und ist seit 1974 SPD-Mitglied. In dem kleinen Ort Würselen bei Aachen war er von 1987 bis 1998 Bürgermeister und Buchhändler. Dann begann in Brüssel der Aufstieg von "Mister Europa", der ihn bis an die Spitze des EU-Parlaments führte, dem er seit 2012 vorsteht.
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.