Seit Jahrzehnten gehen Astronomen davon aus, dass sich das Universum immer schneller ausdehnt. Grundlage dieser Annahme sind Beobachtungen weit entfernter sterbender Sterne, sogenannter Supernovae vom Typ Ia.
Diese Sterne dienen Forschenden als sogenannte „Standardkerzen“, weil man annimmt, dass sie alle die gleiche Helligkeit haben. Daraus lässt sich die Entfernung zu ihnen berechnen – je dunkler ein Stern erscheint, desto weiter entfernt ist er. Diese Methode hat lange die Vorstellung unterstützt, dass eine unsichtbare Kraft – die sogenannte Dunkle Energie – das Universum beschleunigt auseinander treibt. Doch eine neue Studie stellt dieses Bild nun infrage.
Neue Forschungsergebnisse aus Südkorea
Eine Forschergruppe um den Astronomen Young-Wook Lee von der Yonsei Universität (Südkorea) hat in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society eine kontroverse Analyse veröffentlicht. Die Wissenschaftler untersuchten die Helligkeit von 300 Galaxien, in denen Supernovae vom Typ Ia beobachtet wurden.
Ihre Ergebnisse zeigen, dass die scheinbare Beschleunigung der Expansion verschwindet, sobald man das Alter dieser Sterne berücksichtigt. Lee und sein Team vermuten sogar, dass sich die Expansion des Universums bereits vor 1,5 Milliarden Jahren verlangsamt hat. Langfristig könnte dies sogar zu einem sogenannten „Big Crunch“ führen, also zu einer Rückkehr des Universums in einen stark verdichteten Zustand. Das würde unser Verständnis des Ursprungs und der Entwicklung des Kosmos deutlich verändern.
Kritische Stimmen aus der Wissenschaft
Nicht alle Experten teilen diese Einschätzung. Adam Riess vom Space Telescope Science Institute (USA), der 2011 den Nobelpreis für die Entdeckung der Dunklen Energie erhielt, betont, dass es schwierig sei, das Alter dieser Sterne genau zu bestimmen. Die Entwicklung von Supernovae sei noch nicht vollständig verstanden. Auch Carlos Frenk, Kosmologe an der University of Durham (Großbritannien), zeigt sich skeptisch: „Die Ergebnisse sind sehr provokant. Sie könnten falsch sein. Aber man kann sie nicht einfach ignorieren.“ Die Forschung hat also noch einige offene Fragen, bevor eine Neubewertung der Expansion des Universums möglich ist.
Neue Beobachtungen sollen Klarheit bringen
Zukünftige Daten könnten die Situation klären. Das Vera C. Rubin Observatorium in Chile plant, in den nächsten fünf Jahren über 20.000 neue Galaxien mit Supernovae zu beobachten. Diese umfangreichen Messungen sollen es erlauben, das Alter der Sterne genauer zu bestimmen und so das Modell der kosmischen Expansion robuster zu testen.