Wahl morgen

Frankreich-Wahl: Grande Finale in Paris

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49 Millionen sind morgen in Frankreich aufgerufen, den Präsidenten zu wählen.

Paris. Er „lügt und diffamiert. Wir müssen ihm die Rechnung präsentieren“, tobt Marine Le Pen zwei Tage vor der schicksalhaften Stichwahl um das Präsidentenamt in Frankreich – 49 Millionen sind wahlberechtigt. Noch nie hatte eine Kandidatin der extremen Rechten so viele Stimmen wie die Tochter des rechtsextremen Parteiführers Jean Marie Le Pen. Laut letzten Umfragen könnte sie 45 Prozent der Wähler für sich erobern. Im Finish – nachdem die meisten Medien berichtet hatten, dass Amtsinhaber Emmanuel Macron sein TV-Duell vom Mittwoch gegen sie gewonnen habe, zieht sie die Maske der scheinbar Moderateren wieder aus. „Marine ist zurück“, sagen die Franzosen, während sie wieder aggressiv gegen Zuwanderer, gegen „das System“ poltert.

"Der Wahlkampf ist nur schwer auszuhalten"

„Der Wahlkampf war für viele Bürger nur schwer auszuhalten“, sagt zeitgleich Emmanuel Macron in Saint-Denis im Wahlkampf-Finish. In dem Pariser Vorort hatten im ersten Wahlgang viele den Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon gewählt. Viele hier haben Wurzeln in Algerien und Tunesien, sind arbeitslos und seien „permanent von Le Pen beschimpft worden“, sagt Macron, während er einen Fußball kickt. Spät, sehr spät, versucht der einstige sozialdemokratische Minister, der 2017 seine eigene Partei gegründet hatte und nun als neoliberal wahrgenommen wird, auch wieder Linke anzusprechen. Viele der Mélenchon-Wähler – er hatte im ersten Wahlgang über 20 % erreicht – lehnen den einstigen Banker Macron ab. Mélenchon hat im Unterschied zu den darniederliegenden Mitte-links- und Mitte-rechts-Parteien (Partie Socialiste, Grüne, Républicains) nicht zur Wahl von Macron auf­gerufen. Er hat nur gesagt: „Keine Stimme für Le Pen“. Mindestens ein Drittel seiner Wähler will die Kandidatin der extremen Rechten dennoch wählen.

Weil Le Pen teils die Programme ihrer Linksaußen-Gegenspieler übernommen hat und neben ihrem ewigen Kalauer – Ausländer – auch die Teuerung in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes gerückt hat. Die Wähler des anderen extremen Rechten des ersten Wahlgangs – Eric Zemmour – sind ihr sicher. Ködert sie im Finale doch noch mehr Wähler von Mélenchon als gedacht? Dann würde es für Macron knapp.

Isabelle Daniel, Paris

Experte: "Duell zwischen oben & unten"

Der Politikberater Peter Plaikner prognostiziert ein äußerst knappes Rennen um die Präsidentschaft.

ÖSTERREICH: Was blieb vom TV-Duell wirklich hängen?

Peter Plaikner: Macron konnte seine größere Kompetenz unter Beweis stellen. Seinen größten Makel, die mangelnde Bürger­nähe, konnte er allerdings nicht wettmachen.

ÖSTERREICH: Was können Le Pen und Macron jetzt im Endspurt noch tun?

Plaikner: Aus Le Pens Sicht sollte sie weitermachen wie bisher. Sie ist wesentlich früher in den Wahlkampf gestartet, war dadurch viel länger „unter den Leuten“ – vor allem im ländlichen Bereich. Macron muss jetzt so viel Bürgernähe wie möglich zeigen, Bilder liefern, wie er den Menschen auf Augenhöhe begegnet. Beide müssen so viel wie möglich über ihre eigene Wählerschaft hinauswirken.

ÖSTERREICH: Was unterscheidet sich bei dieser Stichwahl vom gleichen Duell vor fünf Jahren?

Plaikner: Es ist dieses Mal mehr ein Wahlkampf zwischen oben und unten statt links und rechts. Dass Macron von vielen zur abgehobenen Elite gezählt wird, könnte ausschlaggebend werden.

(rej)

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