Verurteilung

Höchststrafen wegen Srebrenica-Massaker

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Das Kriegsverbrechertribunal verurteilt zwei Offiziere zu lebenslang.

Das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) in Den Haag hat am Donnerstag zum zweiten Mal seit seiner Gründung im Jahr 1993 die Höchststrafe - eine lebenslange Haft - verhängt. Zwei ranghohe ehemalige Offiziere der bosnisch-serbischen Truppen - Vujadin Popovic und Ljubisa Beara - wurden wegen des Massakers von Srebrenica dazu verurteilt. Fünf weitere erhielten wegen des Massakers andere langjährige Haftstrafen. Das Haager Tribunal stellte in seinem Urteil erneut fest, dass die Truppen der Bosnisch-Serbischen Republik im Sommer 1995 Völkermord an den Bosniaken (Muslimen) in Srebrenica begangen haben.

7.000 Bosniaken "systematisch" ermordet
Laut Urteil ermordeten die Truppen der bosnischen Serben "systematisch mehr als 7.000 Bosniaken in klarer Absicht", jeden gefangen genommenen Muslim zu eliminieren. Dies sei ein "Beweis für Völkermord". Bisher wurden mehr als 5.000 Massakeropfer identifiziert, die Gesamtzahl der Opfer dürfte auf 7.827 ansteigen, stellte das Tribunal fest.

Der frühere stellvertretende Befehlshaber des Drina-Korps, Popovic, und der Sicherheitschef im Generalstab der bosnisch-serbischen Truppen, Beara, wurden zu lebenslanger Haft verurteilt. Der ehemalige Sicherheitschef in der Zvornik-Brigade, Drago Nikolic, erhielt 35 Jahre Gefängnis, der ehemalige stellvertretende Befehlshaber einer Sonderpolizei-Einheit, Ljubomir Borovcanin, 17 Jahre. Ex-Vize-Generalstabchef, Radivoje Miletic, muss 19 Jahre absitzen, der ehemalige Generalstaboffizier Milan Gvero fünf Jahre. Der damalige Befehlshaber der Zvornik-Brigade, Vinko Pandurevic, wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Fünf Angeklagte - Popovic, Beara, Nikolic, Borovcanin und Pandurevic - mussten sich wegen des Vorwurfs des Völkermordes, der Vereinigung zum Völkermord sowie Ausrottung verantworten. Die Vorwürfe gegen die zwei anderen Angeklagten - Miletic und Gvero - bezogen sich auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstöße gegen das Kriegsrecht und die Kriegsgepflogenheiten. Allen sieben Angeklagten wurde die Teilnahme an einem gemeinsamen verbrecherischen Vorhaben zur Last gelegt, das die Zwangsumsiedlung der Bevölkerung aus den bosniakischen Enklaven Srebrenica und Zepa in Ostbosnien zum Ziel hatte.

Familien halten Urteil für zu "mild"
Familienangehörigen der Opfer des Massakers von Srebrenica sind mit den Haftstrafen des UNO-Kriegsverbrechertribunals vom Donnerstag gegen sieben ranghohe bosnisch-serbische Ex-Offiziere unzufrieden. Hatidza Mehmedovic, Leiterin der nichtstaatlichen Organisation "Mütter von Srebrenica", bezeichnete die Urteile gegenüber Medien als "mild".

"Sie werden ihre Haftstrafen verbüßen, oder aber sie werden nach einer gewissen Zeit herabgesetzt, und sie werden ihre Familien sehen können. Wir sind zum Leiden verurteilt und werden unsere Liebsten nie wieder sehen", sagte Mehmedovic, die bei dem Massaker ihren Mann und zwei Söhne verloren hat. Ihre Meinung teilten auch viele andere Opfer-Angehörige.

Hintergrund: Das Massaker
Srebrenica war während des Bosnien-Krieges im April 1993 zur UNO-Schutzzone erklärt worden. Am 11. Juli 1995 fiel das Gebiet in die Hände der bosnisch-serbischen Truppen unter dem Kommando ihres Militärchefs Ratko Mladic. Sie trennten unter Duldung der wenigen, nur leicht bewaffneten niederländischen UNO-Soldaten die Frauen und Kinder vom Rest der Bevölkerung und ermordeten in den folgenden Tagen zwischen 7.000 und 8.000 Männer und Buben. Das Massaker in Srebrenica gilt als schlimmstes Kriegsverbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Mladic wird nach wie vor vom UNO-Tribunal gesucht.

Im Laufe des bisher größten Prozesses vor dem ICTY gegen die sieben Ex-Militärs und den Ex-Polizisten wurden 5.300 Beweise vorgelegt und 315 Zeugen angehört. Vor dem UNO-Tribunal wurden insgesamt 21 Personen wegen Kriegsverbrechen in Srebrenica und Umgebung angeklagt. Die bisher höchste Strafe wegen Srebrenica, 35 Jahre Haft wegen Beihilfe zum Völkermord, wurde im Jahr 2004 gegen den ehemaligen Befehlshaber des bosnisch-serbischen Drina-Korps, Radislav Krstic, rechtskräftig ausgesprochen. Auf lebenslang lautete ein Urteil des UNO-Tribunals zuvor nur die im Jahr 2006 verkündete Strafe gegen den früheren bosnisch-serbischen General Stanislav Galic. Er stand allerdings wegen der Belagerung und des Beschusses der bosnischen Hauptstadt Sarajevo während des dreijährigen Bosnien-Krieges (1992-1995) vor Gericht.

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