Geheimdienste

Hotspot Wien: Kampf gegen Putin-Spione

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Agenten-Zentrum: ''Tausende Spione sind allein in Wien stationiert'', schreibt die ''Financial Times''.

Wien. Österreich sei ein „wahrer Flugzeugträger“ für verdeckte russische Aktivitäten, formuliert ein „europäischer Diplomat“ in der Financial Times. Tausende Spione würden sich in Wien tummeln, nicht nur Russen. Drei Gründe seien dafür ausschlaggebend: Die Lage im Zentrum Europas, Sitz internationaler Organisationen und Österreichs Neutralität: „Agenten können hier (fast) in Ruhe arbeiten. Spionage wird nur dann unter Strafe gestellt, wenn sie sich gegen die Interessen der Republik richtet“, schreibt Gert-René Polli, Autor und Ex-BVT-Direktor in seinem Buch „Schattenwelten“ über den Agenten-Hotspot Wien: „Die Geheimdienstdichte in Österreich ist längst nicht auf die russischen Dienste begrenzt. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat aber die dichte russische Intelligence Community in Wien und Österreich noch mehr in den Fokus gerückt.“

Oberste Priorität der Mitarbeiter russischer Dienste sei die detaillierte Aufklärung, so Polli:

  • Wie reagiert der Westen auf die russische Aggression in der Ukraine, um Grenzen auszuloten?
  • Wie finden westliche Waffenlieferungen (Panzertransporte) letztlich ihren Weg in die Ukraine?
  • Politische Einflussnahme auf EU-Entscheidungen wie Sanktionen. In einigen Fällen soll sogar Geld geflossen sein.
  • Aufklärung über Waffenlager und die NATO-Transportwege.

Polli: „Obwohl die Ballung der Spionage schon seit Jahrzehnten existiert, wird sie erstmals von der österreichischen Politik und dem eigenen Staatsschutz als Bedrohung wahrgenommen.“

Radikal-Schritt. Jetzt wurden vier russische Diplomaten ausgewiesen. Zwei Mitarbeiter der Botschaft, zwei Diplomaten bei den Internationalen Organisationen. Was sie ausgehorcht haben, sickerte nicht durch. Viele vermuten aber, es sei ein „symbolischer Akt“ im Vorfeld der OSZE-Tagung in Wien, zu der (trotz heftiger Proteste) auch russische Top-Diplomaten einreisen dürfen (s. unten).

Botschafter Dmitrij Ljubinka, Putins Sprachrohr in Wien, tobt über die Ausweisung: „Wien entscheidet sich also für den Abbruch der Beziehungen zu Moskau“, so Ljubinka.

Einreise-Erlaubnis für Russland-Diplomaten

Wien ist wegen Russlands Teilnahme an der OSZE-Tagung in der Zwickmühle.

Wien. Russische Politiker hatten zuletzt 2021 an einer OSZE-Sitzung teilgenommen. Bei den letzten Meetings verweigerten die Gastgeberländer Großbritannien und Polen der Putin-Delegation die Visa, da viele Abgeordnete wegen des Ukraine-Einmarsches auf Sanktionslisten stehen. Politiker aus 20 Ländern protestierten schriftlich gegen die Teilnahme der russischen Delegation an der OSZE-Sitzung am 23./24. Februar in Wien. Österreich entschied sich anders, glaubt, dass die OSZE einen wichtigen Beitrag zur Deeskalation leisten wird. Deshalb bekommen alle russischen Abgeordneten Visa. Er werde „sicher keinen Rechtsbruch begehen“, sagte Österreichs Außenminister Schallenberg. Das Völkerrecht sei einzuhalten, auch wenn das nicht populär sei. Rückendeckung für seine Position erhielt er von Kanzler Karl Nehammer. Es wäre ein „völlig falscher Zugang“, die russischen Abgeordneten von der OSZE auszuschließen, so er. Es sei wichtig, im Dialog zu bleiben. Die OSZE hat ihren Sitz in Wien, 57 Staaten gehören ihr an.

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