Gerüchte über Grenzöffnung

Idomeni: Flüchtlinge drängen zum Grenzzaun

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Die Ankünfte aus der Türkei bleiben weiterhin niedrig.

Gerüchte über eine baldige Grenzöffnung nach Mazedonien haben im griechischen Flüchtlingslager Idomeni auch am Sonntag für Aufregung gesorgt. Hunderte Menschen drängen seit den Vormittagsstunden in Richtung des Zaunes und fordern eine Weiterreise nach Westeuropa. "Wir haben gehört, die Grenze geht heute auf", sagte ein aus Syrien stammender Flüchtling im griechischen Rundfunk.

Starke Polizeieinheit
Um die Migranten daran zu hindern, den Grenzzaun zu stürmen, wurden starke Einheiten der griechischen Bereitschaftspolizei zwischen dem Zaun und den Flüchtlingen positioniert, wie das Fernsehen zeigte. Flüchtlinge standen auch auf der Eisenbahntrasse, die Griechenland mit Mazedonien verbindet. Von den rund 11.500 Migranten von Idomeni hätten sich rund 1.500 an der Aktion beteiligt, schätzten Reporter vor Ort.

Aufgeheizte Stimmung
Auf Twitter berichteten Aktivisten vor Ort von teils aufgeheizter Stimmung. Auf Fernsehbildern waren einige junge Männer zu sehen, die sichtlich aufgebracht waren. Zugleich meldete das griechische Staatsfernsehen jedoch, viele Menschen würden weiße Tücher in der Hand halten, um zu symbolisieren, dass sie friedlich unterwegs sind.

Gerüchte über Grenzöffnung
Bereits am Vortag hatten Unbekannte Gerüchte unter den Menschen in Idomeni verbreitet, Deutschland werde Tausende Schutzsuchende aus dem Elendslager aufnehmen. Die Polizei informierte mit Lautsprechern auf Arabisch und Farsi, dass die Gerüchte nicht stimmten und die Grenze nicht geöffnet werde, berichteten Augenzeugen.

Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" erklärt, sein Land könnte bei einer "koordinierten Aktion mehrerer Bundesländer" 1.000 bis 2.000 Flüchtlinge aus Idomeni aufnehmen. Voraussetzung sei, dass die deutsche Regierung in Visafragen und bei der Logistik helfe. Ob die Gerüchte in Idomeni auf diese Äußerungen zurückgingen, ist unklar.

Proteste
Seit der Schließung der sogenannten Balkanroute durch Österreich und die Westbalkanstaaten kommt es in Idomeni immer wieder zu Protesten von dort gestrandeten Flüchtlingen, einzelne befinden sich nach Angaben von Hilfsorganisationen zudem im Hungerstreik.

Aktuell halten sich rund 11.500 Menschen im Lager auf, rund 600 verließen das Gelände am Freitag und Samstag freiwillig, nachdem griechische Behörden ihnen eine Umsiedelung mit Bussen in andere Camps angeboten hatten. Besonders Kinder und Frauen halten die Zustände in Idomeni nicht länger aus, wo sie gezwungen sind, trotz Regen und Kälte in kleinen Zelten oder im Freien zu übernachten.

Am Sonntag stoppte die Polizei auf der Autobahn zwischen Thessaloniki und der mazedonischen Grenze mehrere Busse mit Mitgliedern und Sympathisanten der griechischen autonomen "Bewegung gemeinsam gegen Rassismus und die faschistische Bedrohung" (KEERFA). Sie wollten sich an den Aktionen in Idomeni zur Öffnung der Grenze zu Mazedonien beteiligen, berichteten übereinstimmend griechische Medien aus der Region.

Ankunftszahlen niedrig
Unterdessen blieben die Ankunftszahlen von Flüchtlingen in Griechenland auch am Sonntag niedrig. Binnen 24 Stunden hätten nur 73 Menschen von der türkischen Küste aus zu den griechischen Ostägäis-Inseln übergesetzt, teilte der griechische Flüchtlingskrisenstab mit. An den beiden Tagen davor waren 78 beziehungsweise 161 Menschen angekommen. Die Gesamtzahl der Flüchtlinge in Griechenland werde auf gut 50.200 geschätzt.

Seit 20. März ist ein Abkommen zwischen der Türkei und der EU in Kraft, das vorsieht, dass alle ab diesem Stichtag in Griechenland ankommenden Flüchtlingen nach einer Einzelfallprüfung in die Türkei zurückgeschickt werden. Vorerst wurden noch keine Schutzsuchenden zurückgeschickt, sondern diese großteils im Lager Moria auf Lesbos festgehalten, bis ihre Asylprüfung abgeschlossen ist. Zu Abschiebungen soll es ab 4. April kommen. Mehrere NGOs sowie das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR hatten zuletzt ihre Zusammenarbeit mit den griechischen Behörden in Moria aus Protest gegen die "Internierung" von Migranten beendet.

Schlepperbanden weiterhin aktiv
Dass weiterhin Schlepperbanden aktiv sind, zeigt indes die Festnahme von sechs Männern auf der Ferieninsel Kos, die im Verdacht stehen, Mitglieder einer Menschenschmugglerbande zu sein. Es seien mehrere gefälschte Dokumente griechischer Behörden sowie Geräte sichergestellt worden, mit denen Personalpapiere gefälscht werden können. "Die Festgenommenen sind Ausländer und sind allen Anzeichen nach Mitglieder einer Menschenschlepperbande, die Migranten aus der Türkei nach Griechenland und damit in die EU bringt", sagte ein Offizier der Küstenwache.

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