Experten sehen Endrunde durch extremistische Attentäter bedroht.
Lionel Messi und Neymar in orangefarbenen Anzügen am Boden, hinter ihnen ein schwarz vermummter Henker der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS): Spätestens seit diese und ähnliche Fotomontagen Ende vergangenen Jahres im Internet auftauchten, läuteten bei den Verantwortlichen für die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland die Alarmglocken.
Diese Propaganda vor einer WM sei "beispiellos", heißt es in einem Bericht des Instituts CTC der US-Militärakademie über die Gefährdung des Turniers durch den IS. Die Anschläge der vergangenen Jahre legten überdies nahe, "dass die Gruppe in der Lage ist, Angriffe in Russland während der Weltmeisterschaft zu verüben", schreiben Brian Glyn Williams und Robert Troy Souza in dem Bericht. Als Täter kämen durch IS-Propaganda indoktrinierte Einzeltäter oder islamistische Kämpfer infrage, die inzwischen aus Syrien oder dem Irak zurückgekehrt sind.
Das unabhängige Zentrum für strategische und internationale Studien in Washington schätzt, dass sich etwa 8.500 Dschihadisten aus Russland und den ehemals sowjetischen zentralasiatischen Republiken dem IS oder anderen islamistischen Gruppen im Nahen Osten angeschlossen haben. Wie viele von ihnen unentdeckt in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind, ist unklar. Experten sind sich jedoch sicher, dass der IS einige Kämpfer angewiesen hat, Schläferzellen in der Heimat zu bilden, die bei Bedarf aktiviert werden können - zum Beispiel während der mehr als vierwöchigen WM.
Anschlagsgefahr wegen Russlands Rolle als Syrien-Verbündeter
Die Rolle Russlands als Verbündeter Syriens spiele für die Anschlagsgefahr nicht die entscheidende Rolle, sagt Pascal Boniface, der Leiter des Französischen Instituts für internationale Beziehungen. Selbst wenn Moskau nicht zugunsten des syrischen Machthabers Baschar al-Assad eingegriffen hätte, würde diese weltweit beachtete Veranstaltung ein Ziel für die Dschihadisten abgeben. "Inzwischen gilt die Bedrohung durch Terror für alle internationalen Sportwettkämpfe. Sie ziehen die Kameras an und damit auch die Terroristen", sagt Boniface.
Auch bei der EURO 2016 in Frankreich oder den Olympischen Spielen in Rio galten bereits drastische Sicherheitsvorkehrungen. "Der größte Teil des Budgets geht bei internationalen Sportveranstaltungen heutzutage für die Sicherheit drauf", sagt Boniface.
64 Spiele werden bei der WM in zwölf Stadien in elf Städten ausgetragen - viele Gelegenheiten für Extremisten, zuzuschlagen. "Während die Veranstaltungsorte der WM durch vielfältige Sicherheitsmaßnahmen schwer anzugreifen sind, herrscht an weniger geschützten Zielen kein Mangel", heißt es in dem Bericht des CTC.
Die Behörden in Moskau versuchen zu beschwichtigen. Sie verweisen auf die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi, die - obwohl am Rande des Kaukasus - ohne einen Zwischenfall vonstattengingen. "Alle möglichen Gefahren und Risiken werden berücksichtigt", sagt der WM-Cheforganisator Alexej Sorokin. "Alles ist unter Kontrolle."