Expertenregierung

Italien sucht nach passendem Premier

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Erstmals könnte eine Frau an der Spitze einer Regierung zum Einsatz kommen.

Der italienische Präsident Sergio Mattarella könnte bereits am heutigen Mittwoch einen Premier für eine Expertenregierung vorschlagen, die bis Ende 2018 im Amt bleiben soll. Mehrere Namen sind im Spiel.
 

Frau als Regierungschefin

Erstmals in der Geschichte der Republik könnte eine Frau als Regierungschefin beauftragt werden. Als Favoritin gilt laut italienischen Medienberichten die 59-jährige Diplomatin Elisabetta Belloni, seit 2016 Generalsekretärin im römischen Außenministerium. Gute Chancen werden laut Analysten zufolge auch dem 64-jährigen Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli eingeräumt.
 
Einige Chancen hat vermutlich auch Salvatore Rossi, Generaldirektor der italienischen Notenbank und Präsident des Instituts für die Aufsicht der Versicherungen in Italien. Der 69-jährige Banker wäre jedoch ein Dorn im Auge für die rechte Lega und die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die sich hartnäckig gegen eine Fachleuteregierung aus Wirtschafts- und Finanzexperten stemmen.
 
Mit einer Expertenregierung, die eine Wahlrechtsreform und den Budgetentwurf verabschieden soll, will Staatschef Mattarella die Gefahr von Neuwahlen bereits im Juli abwenden, wie sie Lega und Fünf-Sterne-Bewegung verlangen. Die Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo schlägt als Wahltermin den 29. Juli vor.
 

Wahlgewinner gegen Expertenkabinett

Ob Mattarellas "neutrale Regierung" eine Mehrheit im Parlament fände, ist durchaus fraglich. Bisher erklärte sich lediglich die Demokratische Partei (PD) bereit, ein Expertenkabinett zu unterstützen. Lega und Fünf-Sterne-Bewegung bemühen sich weiterhin um eine Regierung aus Politikern. Ihr Bündnis kommt jedoch nicht zustande, da die mit der Lega alliierte konservative Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi nicht mit der Grillo-Partei zusammenarbeiten will. Und die Fünf-Sterne-Bewegung wiederum weigert sich, eine Regierung mit Berlusconi zu bilden, den sie als Symbolfigur einer korrupten politischen Elite betrachtet.
 
Fest steht, dass einer Expertenregierung viel Arbeit bevorstünde. Um ein EU-Strafverfahren zu vermeiden, muss Italien im Herbst ein Budget vorlegen, das die Neuverschuldung 2019 auf 0,9 Prozent der Wirtschaftskraft drückt. Ansonsten droht dem Land eine Erhöhung der Mehrwertsteuer IVA ab Anfang 2019, was äußerst negative Folgen für die Wirtschaft und den Privatkonsum hätte. Dies könnte das Land erneut in die Spirale der Verunsicherung und der Finanzturbulenzen treiben, warnen Wirtschaftsexperten.
 
Sollte die Expertenregierung nicht zustande kommen, könnte es erstmals in Italien zu Wahlen im Juli kommen. Die bisher regierende, sozialdemokratische PD, die mit 17 Prozent der Stimmen als Wahlverliererin aus dem Urnengang hervorgegangen war, erklärte sich bereit, bei Neuwahlen den geschäftsführenden Premier Paolo Gentiloni als Spitzenkandidat ins Rennen zu schicken. Bei den Parlamentswahlen im März war die PD von Ex-Premier Matteo Renzi als Spitzenkandidat geführt worden.
 
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