Andrang wird immer größer

Kabul: Evakuierungen enden

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Steigende Anschlagsgefahr in afghanischer Hauptstadt - Krisentreffen der EU-Innenminister am Dienstag - 89 Österreicher evakuiert - SPÖ übt Kritik an Rettungsmaßnahmen.  

Unter Warnungen vor Terroranschlägen in Kabul steuern die militärischen Rettungsflüge von dort auf ein Ende zu. Der Andrang am Flughafen in der afghanischen Hauptstadt wird deswegen immer größer. Die Menschen stünden an einem Tor "so eng aneinander wie Ziegel einer Mauer", es gehe keinen Meter voran, berichtete ein Augenzeuge. Das Außenministerium in Wien bestätigte, dass mittlerweile 89 Österreicher, darunter auch Afghanen mit einem Aufenthaltstitel, evakuiert worden seien.

Russischer Botschafter

Laut US-Angaben wurden am Mittwoch rund 13.400 Personen aus Afghanistan ausgeflogen. Damit steigt die Zahl der von den USA und ihren Alliierten seit dem 14. August evakuierten Menschen auf rund 95.700, teilte die Regierung in Washington mit. Russland flog am Mittwoch laut Nachrichtenagentur Interfax rund 360 eigene Staatsbürger aus Kabul aus. Rund 100 Russen hätten entschieden, zunächst in Afghanistan zu bleiben, meldete zudem die Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf den russischen Botschafter.

Wie eine Sprecherin des österreichischen Außenministeriums weiter mitteilte, arbeite das Krisenteam vor Ort weiterhin vehement daran, Österreicher und Afghanen mit einem Aufenthaltstitel zu retten. Es stelle sich vor allem die Frage, wie die Menschen in den Flughafen kommen. Die Evakuierung erfolge dann in "enger Abstimmung" mit internationalen Partnern, da Österreich keine eigene Flieger vor Ort habe. Besonders unterstrich die Sprecherin dabei die Kooperation mit Deutschland und Ungarn. Ein mögliches Ende der Rettungseinsätze hänge daher auch von diesen und anderen Partnern ab, hieß es gegenüber der APA.

Evakuierung

Kritik gab es seitens der SPÖ. Andere Staaten hätten die Evakuierungen ihrer Staatsbürger schon vor einer Woche abgeschlossen bzw. würden diese von Verstecken abholen und sie zum Flughafen geleiten. Die Bundesregierung sage "unseren Mitbürger*innen lapidar, sie sollen sich selbst zum Flughafen durchschlagen. Das ZiB2-Interview mit dem Außenminister hat erschreckend deutlich gemacht, dass außer Showpolitik und Sprüchen kaum etwas übrigbleibt", kritisierte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried. SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer sah bezüglich der Evakuierungen "türkises Versagen auf ganzer Linie".

Die deutsche Bundeswehr flog am Donnerstag mit einem ihrer letzten Evakuierungsflüge 150 weitere Menschen aus. Belgien, Dänemark und Polen stellten die Evakuierungen bereits ein, die Niederlande planten das noch für Donnerstag, Frankreich für Freitag.

Flughafen

Die deutsche Botschaft in Afghanistan und andere Stellen warnten unterdessen vor der ansteigenden Terrorgefahr rund um den Kabuler Flughafen. Die US-Botschaft forderte US-Bürger, die sich derzeit am Abbey Gate, East Gate oder North Gate aufhielten, dazu auf, das Gebiet "sofort" zu verlassen. Großbritanniens Staatssekretär im Verteidigungsministerium, James Heappey, sprach im TV-Sender Sky News von der Drohung eines "ernsthaften, unmittelbaren, tödlichen Angriffs" binnen Stunden auf den Flughafen oder die von westlichen Truppen genutzten Zentren.

Die Innenminister der Europäischen Union werden am Dienstag bei einem Krisentreffen die Konsequenzen aus den Entwicklungen in Afghanistan beraten. Dabei gehe es um Sicherheit und Immigration, teilte die slowenische Ratspräsidentschaft mit.

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