Brüssel

Kurz bleibt bei Nein zu EU-Gesprächen mit Türkei

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Allerdings muss es kein endgültiges Aus sein, sondern ein Einfrieren reiche aus.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat erneut einen EU-Verhandlungsstopp mit der Türkei gefordert. "Es braucht zumindest ein Einfrieren der Beitrittsverhandlungen", sagte Kurz am Montag vor Beratungen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel.

"Ich halte es für falsch, dass wir die Beitrittsverhandlungen fortsetzen, als hätte es in den letzten Monaten keine negativen Entwicklungen in der Türkei gegeben", sagte Kurz. Über 100.000 Menschen seien eingesperrt worden, Andersdenkende würden eingeschüchtert, auch die Todesstrafe soll wieder eingeführt werden, gab Kurz zu bedenken.

Es sei auch unfair gegenüber anderen Ländern, wenn die EU andere Standards anwende. Weder die Tatsache, dass die Türkei ein NATO-Partner sei oder dass es einen Flüchtlingsdeal mit ihr gebe, sollte die Grundlage für andere Standards sein, forderte Kurz. "Bei den Westbalkanstaaten ist man oft sehr streng, was die Kriterien betrifft, die erfüllt werden müssen", sagte Kurz. "Bei der Türkei sind viele aus meiner Sicht zu großzügig."

Für Kurz schon viele rote Linien überschritten

Rechtlich wäre die "rote Linie" die Einführung der Todesstrafe, "für mich sind schon viele rote Linien überschritten", so Kurz. "Wir verlieren als Europäische Union unsere Glaubwürdigkeit, wenn wir bei den Fehlentwicklungen in der Türkei wegsehen." Die EU werde ansonsten selbst Leidtragende einer solchen Entwicklung sein.

Kurz lobte die Haltung des Europaparlaments, das ein Einfrieren der Beitrittsgespräche verlangt hat, als mutig. Österreich sei gut abgestimmt mit Bulgarien und den Niederländern, doch gebe es in der EU keine Mehrheit für einen Verhandlungsstopp mit Ankara, räumte Kurz ein.

Dabei zog Kurz Parallelen zur Flüchtlingskrise. "Manchmal brauchen Entwicklungen auch Zeit." Auch in der Flüchtlingskrise sei die Mehrheitsmeinung in der EU am Anfang nicht immer die richtige gewesen, sondern die Meinung habe sich stark verändert. "Die, die damals in der Minderheit waren, wie ich zum Beispiel, finden sich heute in der Mehrheitsmeinung wieder. Ähnlich ist es auch bei der Türkei. Viele haben lange die Hoffnung gehabt, dass die negativen Entwicklungen dort nur von kurzer Dauer sein werden." Doch habe alles, was angekündigt wurde, auch so stattgefunden: Medien seien zugesperrt worden, Journalisten eingesperrt und Oppositionsführer verhaftet worden. Kurz: "Wie lange wollen wir noch warten, um klar auf diese Fehlentwicklungen zu reagieren?"

Kurz verurteilte den Terroranschlag in Istanbul vom Sonntag mit über 40 Todesopfern. Gegenüber dem Terror dürfe es keine Neutralität geben, auch nicht gegenüber der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die PKK stehe auf der EU-Terrorliste. Es gebe keine Rechtfertigung dafür, dass politische Ziele mit dem Mittel des Terrorismus verfolgt werden.
 

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