20.000 in Österreich

Mehr als 51.000 Kinder werden in Europa vermisst

Teilen

Zehntausende Minderjährige werden in Europa vermisst.

Ein Journalistennetzwerk deckte nun auf, wie die Behörden seit Jahren über den Verbleib der Kinder im Dunkeln tappen.  

Über 51.433 minderjährige Geflüchtete Spurlos verschwunden 

Europaweit fehlt von 51.433 unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten jede Spur, obwohl diese zuvor bereits in staatlicher Obhut waren. Das deckt jetzt eine Datenrecherche des internationalen Journalistennetzwerks "Lost in Europe" auf, zu der auch "rbb24 Recherche", der belgische "De Standaard", die niederländische Tageszeitung "NRC" und die italienische Nachrichtenagentur ANSA gehören.

Laut Recherche kamen die Kinder zwischen 2021 und 2023 nach Europa und verschwanden dann spurlos vom Radar. Bis heute tappen die Behörden über ihren Verbleib im Dunkeln.

Über 2000 vermisste minderjährige in Deutschland

Laut Angaben des BKA werden alleine in Deutschland aktuell 2005 minderjährige Geflüchtete gesucht. Damit habe sich, laut Recherchen des Netzwerks zufolge, die Zahl 2021 mehr als verdoppelt. Damals lag diese in Europa bei rund 18.300, in Deutschland bei 792. 

Nach der Registrierung bei einer Erstaufnahmestelle werden unbegleitete Minderjährige bundesweit von Jugendämtern in Unterkünfte vermittelt. Dort gibt es zwar Betreuer, jedoch passiert es nicht selten, dass die Jugendlichen einfach abhauen und nicht wiederkommen. 

Riesige Lücken bei der Datenerhebung 

Auch bei der Datenerhebung selbst zeigen sich zwischen den einzelnen Behörden massive Unterschiede. Von 31 EU-Ländern antworteten lediglich nur 15 der zuständigen Behörden auf die Anfragen des Netzwerks.

Während die Zahlen in Italien und Österreich mit jeweils über 20.000 verschwundenen Kindern sehr hoch ist, werden solche Daten in Ländern wie Spanien und Griechenland gar nicht erst erfasst.

"Kaputte Migrationssystem" 

Die zuständige EU-Kommissarin für Migration und Inneres, Schwedin Ylva Johansson (60), nennt in einem Interview mit rbb24 Recherche das "kaputte Migrationssystem" als einen der Gründe für diese enormen Lücken. 

Konkrete Gründe für das Verschwinde gibt es keine. Fachleute vermuten jedoch, dass die lange Verfahrensdauer viele Jugendliche dazu bewegen würde, die Unterkünfte zu verlassen. Es könnte allerdings auch daran liegen, dass die Geflüchteten eigentlich zu Verwandten oder Freunden in anderen EU-Ländern wollten. Das BKA bestätigte diese Vermutung, so der Bericht.

Die Risiken für die jungen Geflüchteten sind hoch: "Wenn Kinder als vermisst gelten, müssen wir davon ausgehen, dass sie besonderen Risiken ausgesetzt sind. Das kann sein, dass sie kriminellen Organisationen in die Hände fallen, dass sie ausgebeutet werden, sexuellen Missbrauch erfahren. Solche Fälle kennen wir", warnte Theresa Keil vom Deutschen Kinderhilfswerk. 

Hilfe durch neuen EU-Migrationspakt

Im Mai will die EU einen Migrationspakt verabschieden. Dieser soll nicht nur Gesetzesvorschläge für eine bessere und einheitliche Registrierung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, sondern auch Vorgaben zur Vermittlung von Betreuungspersonen enthalten. Jene Vorgaben fehlten bislang. Nach ihrer finalen Abstimmung müssen die Mitgliedsländer die neuen Vorgaben noch in nationales Recht überführen.

"Ich habe von allen 27 Staaten die Zusage bekommen, dass sie das tun werden", so EU-Kommissarin Johansson.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.