Neues Snowden-Interview:

"Alle Länder helfen den US-Spionen"

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Auf der Flucht: Aufdecker spricht über die Macht des US-Geheimdienstes.

Andere „westliche Länder“ sollen in die Spionageaktivitäten der USA involviert sein.

Neues Kapitel im Geheimdienst-Krimi: Enthüller Edward Snowden (30) ließ erneut eine Bombe platzen, diese könnte auch bei uns Wellen schlagen:

In einem Interview, das Der Spiegel jetzt veröffentlicht, kritisiert Snowden Methoden und Macht der US-Lauschbehörde NSA und erhebt einen ungeheuren Vorwurf: Die NSA-Leute steckten nicht nur mit den Deutschen unter einer Decke, sondern auch mit sämtlichen anderen westlichen Ländern – also wohl auch mit Österreich.

Verdächtig wegen Facebook-Eintrag
Die Vorgehensweise der Geheimdienste: Das gesamte Internet wird nach verdächtigen Nachrichten abgesucht. Kaum gerät jemand ins Visier der Agenten, bleibt er das auf ewig. Sein Computer gehört dann „quasi der US-Regierung“, sagt Snowden. Täglich wird es einen Report geben, was dieser Mensch online getan hat.

Wusste Faymann über das Abhörsystem Bescheid?
Doch damit nicht genug, auch in Österreich sorgt eine Aussage für Wirbel: Gert R. Polli, Ex-Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung meint im ÖSTERREICH-Interview über die Vorgehensweise der NSA: „Ich gehe davon aus, dass sowohl Verteidigungs- und Innenminister davon wussten, als auch der Bundeskanzler.“

Derweil soll sich Snowden seit zwei Wochen auf dem Moskauer Flughafen verstecken. Drei lateinamerikanische Staaten wollen ihm Asyl gewähren. Doch, ob Snowden tatsächlich noch in Moskau ist, bezweifeln mittlerweile viele.

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Edwar Snowden über die Geheime Macht der NSA

Kurz bevor Edward Snowden zum bekannten Aufdecker wurde, beantwortete er einen Katalog von Fragen. Sie stammen von der Dokumentarfilmerin Laura Poitras und dem Internet-Experten Jacob Appelbaum. ÖSTERREICH bringt die besten Passagen des Interviews, das am Montag im Spiegel veröffentlicht wird.

Frage: Was ist die Aufgabe der NSA – und wie ist deren Job mit den Gesetzen in Übereinstimmung zu bringen?
Edward Snowden: Aufgabe der NSA ist es, von allem Wichtigen zu wissen, das außerhalb der Vereinigten Staaten passiert. Das ist eine beträchtliche Aufgabe, und den Leuten dort wird vermittelt, dass es eine existenzielle Krise bedeuten kann, nicht alles über jeden zu wissen. Und dann glaubt man irgendwann, dass es schon in Ordnung ist, sich die Regeln etwas hinzubiegen. Und wenn die Menschen einen dann dafür hassen, dass man die Regeln verbiegt, wird es auf einmal überlebenswichtig, sie sogar zu brechen.

Frage: Sind deutsche Behörden oder deutsche Politiker in das Überwachungssystem verwickelt?
Snowden: Ja natürlich. Die (NSA-Leute – Red.) stecken unter einer Decke mit den Deutschen, genauso wie mit den meisten anderen westlichen Staaten. Wir warnen die anderen, wenn jemand, den wir packen wollen, einen ihrer Flughäfen benutzt – und die liefern ihn uns dann aus. Die Informationen dafür können wir zum Beispiel aus dem überwachten Handy der Freundin eines verdächtigen Hackers gezogen haben, die es in einem ganz anderen Land benutzt hat, das mit der Sache nichts zu tun hat. Die anderen Behörden fragen uns nicht, woher wir die Hinweise haben, und wir fragen sie nichts. So können sie ihr politisches Führungspersonal vor einem Rückschlag schützen, falls herauskommen sollte, wie massiv weltweit die Privatsphäre von Menschen missachtet wird.

Frage: Aber wenn jetzt Details dieses Systems enthüllt werden, wer wird dafür vor Gericht gestellt werden?
Snowden: Vor Gericht? Das meinen Sie doch nicht ernst, oder? (...) Die Frage, wer theoretisch angeklagt werden könnte, ist hinfällig, wenn die Gesetze nicht respektiert werden. Gesetze sind gedacht für Leute wie Sie oder mich – nicht aber für die.

Frage: Welche großen Überwachungsprogramme sind heute aktiv, und wie helfen internationale Partner der NSA?
Snowden: Die Partner bei den „Five Eyes“ (dahinter verbergen sich die Geheimdienste der Amerikaner, der Briten, der Australier, der Neuseeländer und der Kanadier – Red.) gehen manchmal weiter als die NSA-Leute selbst. (...)

Frage: Für wie lange werden die gesammelten Daten aufbewahrt?
Snowden: (...) In dem Fall wird die Kommunikation bis in alle Ewigkeit gespeichert, eine Berechtigung dafür bekommt man immer.

Frage: Helfen Privatunternehmen der NSA?
Snowden: Ja. Aber es ist schwer, das nachzuweisen. (...) Generell kann man sagen, dass man multinationalen Konzernen mit Sitz in den USA nicht trauen sollte, bis sie das Gegenteil bewiesen haben. (...)

Frage: Vor welchen Websites sollte man sich hüten, wenn man nicht ins Visier der NSA geraten will?
Snowden: Normalerweise wird man aufgrund etwa des Facebook-Profils oder der eigenen E-Mails als Zielobjekt markiert. Der einzige Ort, von dem ich persönlich weiß, dass man ohne diese spezifische Markierung zum Ziel werden kann, sind die Foren von Dschihadisten.

Frage: Was passiert, wenn die NSA einen Nutzer im Visier hat?
Snowden: Die Zielperson wird komplett überwacht. Ein Analytiker wird täglich einen Report über das bekommen, was sich im Computersystem der Zielperson geändert hat. (...) Der Analytiker kann entscheiden, was er tun will – der Computer der Zielperson gehört nicht mehr ihr, er gehört dann quasi der US-Regierung.


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