20. Jahrestag

New York gedachte mit Schweigeminute der Opfer von 9/11

Teilen

Im Beisein von US-Präsident Joe Biden hat New York am Samstag an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 erinnert 

Im Beisein von US-Präsident Joe Biden hat New York am Samstag an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 erinnert. Um 8.46 Uhr (Ortszeit) läutete der Klang einer Glocke eine Schweigeminute an dem Ground Zero genannten Anschlagsort im Süden Manhattans in New York ein - genau zu der Zeit, an der islamistische Terroristen vor 20 Jahren das erste von vier entführten Flugzeugen in einen der Zwillingstürme des World Trade Centers geflogen hatten.

Die Terroristen hatten am 11. September 2001 vier Flugzeuge gekapert. Nachdem sie American-Airlines-Flug 11 in den Nordturm des World Trade Centers steuerten, flog kurze Zeit später ein weiteres Flugzeug in den Südturm. American-Airlines-Flug 77 lenkten die Angreifer in das Verteidigungsministerium in Washington. Eine vierte Maschine stürzte in Pennsylvania ab, nachdem die Menschen an Bord Widerstand gegen die Entführer leisteten.

Der Drahtzieher der Anschläge, Osama bin Laden, wurde 2011 nach langer Suche bei einer US-Militäroperation getötet. Auch am Pentagon und der Absturzstelle in Shanksville fanden am Samstag Trauerveranstaltungen statt. In Pennsylvania nahm auch George W. Bush teil, der am 11. September US-Präsident war.

Schweigeminute

Zur Trauerfeier an der heutigen Gedenkstätte in New York kamen neben Präsident Biden und First Lady Jill Biden auch zahlreiche Angehörige von Opfern sowie Überlebende. Auch die ehemaligen Präsidenten Barack Obama und Bill Clinton waren mit ihren Ehefrauen anwesend. Nach der Schweigeminute verlasen Angehörige die Namen der fast 3.000 Getöteten teilweise unter Tränen.

Die nationale Einheit sei die größte Stärke der Vereinigten Staaten, hatte Biden anlässlich des Gedenkens bereits im Vorfeld per Videobotschaft gesagt. In den Tagen nach den Anschlägen sei heldenhaftes Handeln, Widerstandskraft und "ein wahres Gefühl der nationalen Einheit" demonstriert worden. Ex-Präsident Obama sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus und gedachte den damaligen Einsatzkräften und dem US-Militär. Der Mut des Militärs in den vergangenen 20 Jahren habe auch geholfen, Bin Laden zur Strecke zu bringen. Obama war Präsident, als eine Spezialeinheit des Militärs den damaligen Al-Kaida-Chef in Pakistan tötete.

Dessen Nachfolger Donald Trump nutzte den Jahrestag der Terroranschläge für Attacken gegen seinen Nachfolger Biden. In einer am Samstag veröffentlichten Videobotschaft warf Trump dem Demokraten "Inkompetenz" beim Afghanistan-Abzug vor und sagte, der Präsident habe wie ein "Dummkopf" gewirkt. Anders als die Ex-Präsidenten Obama, Clinton und Bush sollte Trump am Samstag an keiner offiziellen Gedenkzeremonie teilnehmen. Er wollte dafür am Abend einen Boxkampf kommentieren.

Nach den Schockwellen, die der 11. September in die Welt aussendete, wurde zum ersten und bisher einzigen Mal in der Bündnisgeschichte der NATO der Artikel 5 aktiviert, nach dem ein bewaffneter Angriff auf ein NATO-Mitglied als Angriff gegen alle Mitglieder gewertet wird. Dies führte dazu, dass Deutschland und zahlreiche andere Nato-Staaten sich am Krieg gegen die Taliban und die Terrororganisation Al-Kaida in Afghanistan beteiligten. Dieser Einsatz ging vor wenigen Tagen nach einem chaotischen und als überstürzt kritisierten Abzug der Truppen zu Ende - die Taliban eroberten das Land innerhalb von kurzer Zeit zurück und sind erneut die faktischen Herrscher Afghanistans.

Kein Ereignis in der jüngeren Geschichte hat die USA und seine Gesellschaft mehr geprägt als jener verhängnisvolle Dienstag vor 20 Jahren, als das Terrornetzwerk Al-Kaida und sein damaliger Chef Bin Laden noch vergleichsweise unbekannt waren. Nach dem 11. September wurde die Terrorabwehr grundlegend ausgebaut, der staatliche Apparat massiv umgeformt. In der Folge veränderten sich die USA deutlich, viele beschrieben die Zeiten der noch immer anhaltenden Terrorangst als wachsende Paranoia zulasten früherer Leichtigkeit.

Bürgerrechte wurden durch den "Patriot Act" zum Teil empfindlich beschnitten, das hochumstrittene Gefangenenlager in Guantanamo auf Kuba eingerichtet und neue Behörden und Einheiten gegründet. Im Land sind manche Veränderungen gut sichtbar, etwa die Kontrollen an den Flughäfen oder die Polizeipräsenz auf den Straßen. Vieles aber geschieht im Verborgenen, wie die ausgeweitete Überwachung und die intensive Kontrolle von Daten.

Krieg gegen den Terror

Die USA zogen nach den Anschlägen in den "Krieg gegen den Terror". Zwei Jahrzehnte nach den Anschlägen gibt es unterdessen Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die sich an 9/11 nicht erinnern können oder noch nicht geboren waren. Sie erfuhren entweder in der Schule oder durch die Erzählungen von Familienmitgliedern oder Bekannten von den Anschlägen.

An dem Ort, an dem die Türme des World Trade Center standen, plätschern heute Wasserfälle im Gedenken an die Opfer des 11. September - das Viertel drumherum ist wieder aufgebaut worden und ein neues Hochhaus, das "One World Trade Center", thront als höchstes Gebäude New Yorks über der Stadt. Aber die Erinnerung bleibt wach in New York - auch weil nach wie vor immer noch Menschen, die damals vor Ort waren, vor allem Rettungskräfte, an Folgeerkrankungen durch Schadstoffe in der Luft sterben.
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.