Radler-Revolution in NY

New York wird zur Radlerstadt, oder wird es...

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ÖSTERREICH-Reporter H. Bauernebel berichtet aus New York.

Der Big Apple hieß bei der Gründung New Amsterdam, nun soll die Metropole zu einem ähnlichen Drahtesel-Mekka werden wie Hollands größte Stadt. Montag startete das ambitionierte "Bike-Sharing"-Programm von Bürgermeister Michael Bloomberg, mit dem er den Moloch New York in eine friedlichere Stadt voller fröhlicher Radfahrer statt hupender Taxis und polternder Sattelschlepper verwandeln will.

Die Idee hat er sich aus europäischen Metropolen abgeschaut, Bloomberg legte bei der Durchsetzung sein gesamtes politisches Gewicht in die Waagschale. An 6000 Stationen stehen jetzt die himmelblau bemalten, von der Citibank gesponserten CitiBikes zum Abholen bereit.

Doch die Hürden bei der anvisierten Radler-Revolution sind freilich hoch - und viele New York sträuben sich in gewohnter Lautstärke: Zuerst wurde gemeckert, dass die öffentlichen Abstellplätze Parkplätze eliminieren würden. Dann waren die "Racks", wo die Räder versperrt werden, zu hässlich. Sie würden das Stadtbild verschandeln.

Beschwerden gab es auch über das Gewicht: Die besonders stabil gebauten Fahrräder seien so schwer, dass sie kaum aus dem Ständer gehoben werden können und bei leichten Steigungen Schweißausbrüche wie bei den Alpen-Etappen der Tour de France auslösen würden. Apropos Gewicht: Fahrer mit über 117 Kilos dürfen die Räder gar nicht benützen. Waagen habe ich aber bei den Stationen freilich noch keine gesehen.

All der Lärm ist natürlich auch der Skepsis gegenüber Ungewohntem zuzuordnen. Doch über Erfolg oder Versagen der größten Innovation im öffentlichen Verkehr seit dem Bau der Subway entscheidet wohl die Preisstruktur: Das Programm ist leider teuer und voller Einschränkungen. Die Jahresgebühr scheint mit $95 zwar angemessen, doch damit kann nur 45 Minuten lang in einem Stück geradelt werden. Wer länger strampelt, zahlt deftig: Eine Fahrt von 105 Minuten kostet $9 extra, dann nochmals $9 jede halbe Stunde. Es gibt Wochenpässe um $25, Tageskarten um $9,95. Hier entstehen Extrakosten aber bereits nach 30 Minuten Fahrt.

Für Touristen, die einen Tag lang New York im Fahrradsattel erkunden wollen, ist das Programm daher komplett ungeeignet. Es ist verwunderlich, dass Bloomberg den Versuchskaninchen gleich in der Eingewöhnungsphase so tief in die Taschen greifen lässt. Die Gefahr eines Flops ist daher groß. Dem langsam an Popularität gewinnenden Fahrradverkehr würde ein schwerer Schlag versetzt werden. Aber wer weiß: Vielleicht gehören die blauen Räder bald so zum Stadtbild wie die Yellow Cabs.

Mehr von unserem US-Korrespondenten Herbert Bauernebel finden Sie hier auf AmerikaReport.com

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