Frankreich

Opposition fordert Regierungs-Umbildung

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UMP-Chef Cope will "neuen Premierminister und neue Minister".

Die konservative französische Opposition fordert in Zusammenhang mit dem Skandal um das Auslandskonto des zurückgetretenen französischen Budgetministers Jerome Cahuzac (PS) eine vollkommene Regierungsumbildung. Präsident Francois Hollande (PS) habe den Verdacht über die Rolle der Regierung in der Affäre nicht beseitigen können und solle daher "seinen Premierminister und seine Minister" austauschen, sagte UMP-Chef Jean-Francois Cope am Mittwochabend bei einer Konferenz im westfranzösischen La Baule.

Der Zentrumspolitiker Francois Bayrou, Chef der "Mouvement Democrate" (MoDem), rief Hollande dagegen dazu auf, in einer Volksabstimmung den Willen der Bürger in dem Zusammenhang einzuholen. Man müsse "dem Abdriften Einhalt gebieten, das jeden Tag mehr entrüstet", betonte der ehemalige Präsidentschaftskandidat. Er kündigte in einer Pressekonferenz auch eine Unterschriftensammlung an, mit der er die "Moralisierung" der Politik verlangt. Die Chefin der rechtsextremen "Front National" (FN), Marine Le Pen, hatte am Mittwoch sogar Neuwahlen gefordert.

Präsident Hollande hatte am Mittwoch in einer Fernsehansprache betont, dass Cahuzac keinerlei besondere Protektion genieße. Auch kündigte er eine Reihe von Maßnahmen zur Moralisierung des politischen Lebens an. Er nehme die Erklärungen des Präsidenten zur Kenntnis, müsse allerdings feststellen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen Cahuzac nicht an seinen Lügen hätten hindern können, betonte UMP-Chef Cope bei einer Pressekonferenz am Sitz der UMP in Paris. Es stelle sich die Frage, ob Hollande, Premierminister Jean-Marc Ayrault (PS) und andere Verantwortungsträger der Regierung von der Affäre gewusst hätten.

Zielscheibe der Kritiken ist insbesondere Wirtschaftsminister Pierre Moscovici, unter dessen Leitung Cahuzac als Haushaltsminister arbeitete. Die Opposition erhob den Verdacht, Moscovici könnte im Versuch, Cahuzac reinzuwaschen, die Steuerverwaltung "verwendet" haben. Nach den Angaben hatte Moscovici von der Schweizer Justiz ein Dokument erhalten, das Cahuzac "reinwusch", bevor dieser am Dienstag die Existenz eines Auslandskontos zugab. Das Problem sei nicht die Lüge Cahuzacs, sondern die Tatsache, dass der Staat an sich wissen müsste, wer Steuern hinterzieht, insbesondere wenn die betreffende Person Budgetminister ist, betonte der UMP-Fraktionssprecher Claude Goasguen. "Moscovici muss die Konsequenzen daraus ziehen und schnellstmöglich zurücktreten, sonst werden wir einen Anstieg des Populismus haben", meinte Goasguen.

Die Fraktion der Zentrumsunion UDI in der Nationalversammlung, deren Vorsitz Altminister Jean-Louis Borloo führt, forderte die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der Licht auf diese Affäre werfen soll. Die Ermittlungen sollen die Zeitspanne zwischen dem 4. Dezember 2012, als der Enthüllungsdienst Mediapart erstmals von dem Auslandskonto berichtete, und dem 2. Appril, als Cahuzac die Existenz des Kontos zugab, decken. "Alle stellen sich die Frage, wie lange der Präsident Bescheid gewusst hat, bevor Cahuzac am Dienstag das Auslandskonto zugab", brachte der UMP-Abgeordnete Christian Jacob das Problem auf den Punkt. "Es gab eine gravierende Fehlfunktion in der Kommandokette", kritisierte Cope und forderte Hollande auf, zu der Frage gegenüber den Bürgern Stellung zu nehmen.

Der vor zwei Wochen zurückgetretene Budgetminister hatte am Dienstag nach monatelangem Leugnen den Besitz eines Auslandskontos mit 600.000 Euro eingeräumt. Gegen Cahuzac läuft ein Verfahren wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Ermittlungen der Genfer Staatsanwaltschaft zufolge wurde das Konto Anfang der 1990er Jahre bei der Schweizer Bank UBS eröffnet, später zu einer diskreteren Privatbank transferiert und zuletzt sogar über eine Niederlassung in Singapur geführt. Das Geld soll aus Beratungstätigkeiten für die Pharmaindustrie stammen.

Frankreichs Budgetminister: Cahuzac-Konto keine Staatsaffäre
Der neue französische Budgetminister Bernard Cazeneuve (PS) ist der Ansicht, dass die Affäre um seinen der Steuerhinterziehung beschuldigten Vorgängers Jerome Cahuzac "keine Staatsaffäre" sei, sondern einen "schweren Verstoß" eines einzelnen Menschen darstelle. "Es ist ein sehr schwerer individueller Verstoß, nicht ein Korruptionssystem, das eine Partei, eine Gruppe oder einen Staat betrifft", sagte Cazaneuve am Donnerstag im Radiosender "Europe".

Als Cahuzac das Auslandskonto vergangenen Dienstag eingestand, habe er einen "riesigen Kummer" empfunden, sagte der neue Haushaltsminister und fügte hinzu: "Ich habe ihm mehrmals die Frage gestellt, und er hat mir stets gesagt, dass es nicht wahr ist. Deshalb habe ich ihm in dieser schwierigen Phase beigestanden, ich habe ihm geglaubt. Man glaubt seinen Freunden oft."

Cazeneuve wies die Anschuldigung der Opposition zurück, dass Wirtschaftsminister Pierre Moscovici (PS) versucht habe, Cahuzac unter Verwendung der Steuerbehörden reinzuwaschen. "Es gab eine strenge Trennung zwischen den persönlichen Angelegenheiten Cahuzacs und dem Minister", sagte Cazeneuve und betonte, dass Moscovici der Justiz sämtliche Dokumente der Steuerverwaltung übermittelt habe.

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