Großfahndung

Rätsel um Bombenfund auf Bonner Bahnhof

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Sprengsatz gefunden - Ermittler suchen zweiten Verdächtigen.

Im Fall des Sprengsatzes vom Bonner Hauptbahnhof suchen die deutschen Ermittler neben einem dunkelhäutigen Mann nun auch einen hellhäutigen. Dieser sei auf Videoaufnahmen aus einer McDonald's-Filiale zu sehen, sagte der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers am Mittwoch. Nähere Einzelheiten nannte Albers dazu zunächst nicht. Von Anfang an seien die Ermittlungen in dem Fall in alle Richtungen gegangen.

Der leitende Kriminaldirektor Norbert Wagner sprach mit Blick auf den hellhäutigen Mann von einer heißen Spur. Er komme als Tatbeteiligter in Betracht. Auf dem Video trage er eine dunkelblaue Tasche. Es sei davon auszugehen, dass es sich um die Tasche mit der Sprengvorrichtung handele.

Von einem "Dumme-Jungen-Streich" könne keine Rede sein, sagte Wagner. Die Untersuchungen zur Sprengkraft dauerten an. Es hätte aber einen großen Feuerball geben können, sagte er. Auch die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass der Sprengsatz "höchst gefährlich" war.

Der Sprengsatz wurde Montagmittag am Gleis 1 des Bonner Hauptbahnhofs abgestellt. Viele Fragen sind offen: Hätte er wirklich detonieren können? Wer steckt dahinter? Und warum wirkt alles so stümperhaft?

Bombe Marke Eigenbau
Ein Metallrohr mit Ammoniumnitrat, vier Gaskartuschen, ein Wecker und eine Zündvorrichtung. Das war der Inhalt der blauen Nylonsporttasche, die am Montag gefunden wurde. Marke Eigenbau war dieser Sprengsatz - und brandgefährlich.

Nur ob die Bombe auch hätte hochgehen können, das konnte die Polizei auch am Mittwoch noch nicht sagen. Denn obschon die Konstruktion eine Zündvorrichtung enthielt - einen Zünder haben die Ermittler nicht gefunden. Denkbar ist, dass er bei der Entschärfung zerstört oder weggeschleudert wurde.

Drähte ragten aus offener Tasche
Sollte auch ein Terroranschlag geplant gewesen sein, so haben die Täter dem Anschein nach größere Fehler gemacht, sagte der für Terrorismus zuständige deutsche Bundesanwalt Rainer Griesbaum. Zeugen wurden auf die Tasche auch deshalb so schnell aufmerksam, weil blaue Drähte herausragten. Obendrein war sie offen, so dass Kabel, längliche Behälter und einen Wecker sichtbar waren. Das klingt fast eher nach einem ganz bösen Witz. Doch viele gescheiterte Terroranschläge der vergangenen Jahre bezeugen, dass Fanatismus und Professionalität - glücklicherweise - nicht immer Hand in Hand gehen.

Allerdings ist in diesem Fall eben noch gar nicht geklärt, ob Islamisten überhaupt ihre Hände im Spiel hatten. Ein Verdacht gegen zwei einschlägig bekannte Bonner Islamisten hat sich zunächst nicht bestätigt. Die beiden Männer, die am Dienstag in Gewahrsam genommen worden waren, wurden noch am Abend wieder freigelassen. Eine Panne der Polizei? Wohl nicht.

Bei einer so großen Fahndung mit mehreren hundert Ermittlern sei es ganz normal, dass man alle Spuren verfolge und dann zwangsläufig viele davon erkalteten, hieß es am Mittwoch aus Polizeikreisen. Nur eine Spur von vielen könne sich schließlich als die richtige erweisen.

Die Polizei fahndet weiter nach jenem 1,90 Meter großen dunkelhäutigen Mann, der die Taschenbombe am Montag gegen 13 Uhr auf dem Bahnsteig von Gleis 1 abgestellt haben soll. Zwei Jugendliche haben ihn nach eigener Aussage dabei beobachtet.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter warnte am Mittwoch vor "medialen Schnellschüssen". Der stellvertretende Bundesvorsitzende Bernd Carstensen sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Es könnte rein theoretisch so sein, dass auch Rechtsextremisten den Eindruck vermitteln wollten, Salafisten wollten den Bahnhof sprengen - nur als Hypothese." Er habe es in seiner dienstlichen Tätigkeit oft genug erlebt, dass der erste Anschein getrogen habe.

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