Russische staatliche und kremlnahe Medien haben das Interview von US-Talkmaster Tucker Carlson mit Präsident Wladimir Putin erwartungsgemäß groß herausgebracht.
Am Freitag war es praktisch bei allen großen Medien online der prominenteste Bericht - und die Artikel darüber voll des Lobes. Viele gingen auf die Reichweite und mögliche Auswirkungen des Videointerviews ein. Der Clip sei bereits mehr als 60 Millionen Mal aufgerufen worden, berichtete etwa das Staatsfernsehen.
Die kremlnahe Zeitung "Iswestija" wiederum zählte mehr als 475.000 Likes und zitierte einen ranghohen Beamten in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine, der sagte, der vom Westen zugezogene "Info-Vorhang" sei gescheitert.
Interview soll ablenken
Die Boulevardzeitung "Komsomolskaja Prawda" sammelte in einem Artikel unter der Überschrift "Ich bin nah daran, die russische Staatsbürgerschaft zu beantragen" vor allem lobende Kommentare bei der Plattform X (vormals Twitter). Dort hatte der für die Verbreitung rechter Verschwörungstheorien bekannte Carlson das Gespräch veröffentlicht.
Politische Beobachter hatten erwartet, dass der Kreml das erste Interview Putins mit einem westlichen Talkmaster seit Kriegsbeginn für Propagandazwecke nutzen wird. "Dem Timing nach zu urteilen, besteht die Hauptaufgabe des Interviews darin, den Skandal mit der Ablehnung der Registrierung Nadeschdins zu überdecken", schrieb etwa der Politologe Abbas Galljamow. Boris Nadeschdin wurde als Kriegsgegner mit unerwartet großem Zulauf von Unterstützern wenige Stunden vor Veröffentlichung des Interviews von den Präsidentenwahlen in Russland ausgeschlossen. Galljamow bemängelte die kritiklose Übernahme der Thesen Putins durch Carlson.