Belgrad

Serbien: Nikolic als neuer Präsident angelobt

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 Serbien hat wieder ein neues Parlament und einen neuen Staatspräsidenten.

Nach den Wahlen vor drei Wochen ist die Volksvertretung am Donnerstag in Belgrad zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Der ebenfalls neu gewählte Staatschef Tomislav Nikolic legte vor den Abgeordneten seinen Amtseid ab und trat damit offiziell an die Spitze des Staates. Die feierliche Inauguration findet am 11. Juni in Belgrad statt.

In seinem Amtseid verpflichtete sich Nikolic wie auch schon sein Amtsvorgänger Boris Tadic entsprechend der Verfassung dazu, sich mit seinen "ganzen Kräften der Wahrung der Souveränität und der Gebietseinheit der Republik Serbien, Kosovo und Metohija (Metochien) als ihr Bestandteil miteingeschlossen" zu widmen. Die im Februar 2008 ausgerufene Unabhängigkeit des Kosovos akzeptiert Belgrad nicht.

Er wünsche sich ein Serbien, das im Kampf um eine bessere Zukunft endlich vereint sei, sagte Nikolic in einer kurzen Ansprache, in welcher er die "verantwortungslos durchgeführten Privatisierungen" der letzten Jahre kritisierte, die Armut und Arbeitslosigkeit zur Folge hätten. Durch Korruption und Kriminalität sei Misstrauen der Bürger gegenüber staatlicher Institutionen entstanden. Medien befänden sich unter der Kontrolle der politischen Elite, kritisierte der neue Präsident. Sogar die Justizreform 2009 sei von den Interessen der Parteien geleitet gewesen.

Außenpolitisch wünscht sich Nikolic ein Serbien mit Türen in Richtung Osten und Westen, dass zudem ein gleichberechtigtes Mitglied innerhalb der EU sein solle.

Wandlung zum Demokraten

Der 60-Jährige hat sich vom Nationalisten zum Demokraten gewandelt. Eineinhalb Jahrzehnte hatte er die Schaffung eines Großserbiens verfolgt und sogar am Bürgerkrieg in Kroatien teilgenommen. Vor vier Jahren hatte er eine neue Fortschrittspartei (SNS) gegründet, die konservativ-gemäßigte Positionen vertritt. In den letzten vier Jahren hat seine Partei als führende Oppositionskraft im Parlament jedoch kaum eines der Gesetze unterstützt, die im Einklang mit den EU-Normen erlassen worden waren. Die serbische Öffentlichkeit steht Nikolics Positionen daher skeptisch gegenüber, der neue Präsident wird seine proeuropäische Ausrichtung erst beweisen müssen.

Erst vor kurzem erregte Nikolic mit Äußerungen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) für Aufsehen, als er auf die Frage nach seinem früheren Traum von "Groß-Serbien" antwortete, es gebe Träume, die nie in Erfüllung gingen. Und auf frühere Aussagen, wonach das ostkroatische Vukovar eine serbische Stadt sei, angesprochen, sagte Nikolic: "Dorthin haben Kroaten nicht zurückzukehren."

Kroatiens Präsident Ivo Josipovic stellte daher seine Teilnahme an der Inauguration seines serbischen Amtskollegen am 11. Juni in Frage. "Jeder, der am gemeinsamen Projekt, der Europäisierung der Region, arbeiten will, muss ein für alle Mal die Ideen des Tschetniktums, der Expansion und darüber, dass Territorium und Grenzen nicht klar definiert sind, aufgeben", forderte Josipovic.

Zwar hatte Nikolic noch im Wahlkampf ein klares Bekenntnis zu Serbiens Weg nach Europa abgelegt, doch reiste er noch vor seiner Amtseinführung nach Russland, das zeitlebens sein großes Vorbild und politisches Ziel war. Nach dem Amtsantritt will er umgehend nach Brüssel reisen, wo er bisher weitgehend ein Unbekannter ist. Die EU hatte in den letzten Jahren klar auf Tadic gesetzt.

Tadic wird Regierungschef
Im neuen Parlament haben die bisherigen Regierungsparteien wieder die Mehrheit. Sie wollen unter Führung der Demokraten (DS) und der Sozialisten (SPS) auch die zukünftige Regierung stellen. Regierungschef soll der als Staatspräsident abgewählte DS-Vorsitzende Boris Tadic werden. Am Vorabend hatte sich die DS-Parteiführung hinter ihn gestellt, obwohl er das Präsidentenamt verloren hatte.

Bei der laufenden Regierungsbildung sind noch große Hindernisse zu überwinden, berichteten die Medien am Donnerstag in Belgrad. Die Sozialisten des früheren serbischen Autokraten Slobodan Milosevic wollen den Internationalen Währungsfonds (IWF) aus dem Land weisen, die DS möchte mit dieser Finanzorganisation ein neues Abkommen schließen. Die SPS will den Konsum kräftig ankurbeln und vor allem die Pensionen und Sozialausgaben kräftig erhöhen. Die DS setzt dagegen auf schmerzliche Sparbeschlüsse, um einen drohenden Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern.

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