Kommissarischen Parteivorsitz soll Trio führen - Rufe nach künftiger Doppelspitze
Die deutsche SPD-Chefin Andrea Nahles hat am Montag vor dem Parteivorstand offiziell ihren Rücktritt vom Vorsitz erklärt. "Ich habe mich gerade eben im Parteivorstand der SPD verabschiedet. Ich bin zurückgetreten", sagte Nahles beim Verlassen der SPD-Zentrale in Berlin.
Den kommissarischen Parteivorsitz der SPD sollen sich auf Vorschlag der engeren Parteiführung drei Personen teilen: Diese Aufgabe sollten die Ministerpräsidentinnen von Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig und Malu Dreyer, sowie der hessische SPD-Politiker Thorsten Schäfer-Gümbel übernehmen, hieß es aus SPD-Kreisen.
Der Parteivorstand beriet am Vormittag im Willy-Brandt-Haus in Berlin über die nächsten Schritte. Ob der für Dezember geplante Parteitag mit Neuwahl der Parteispitze vorgezogen wird, war nach Informationen der dpa zunächst weiter offen. Mit Vizekanzler Olaf Scholz und dem Ministerpräsidenten Niedersachsens, Stephan Weil, haben zwei mögliche Kandidaten für den Parteivorsitz bereits abgewunken.
Trio übernimmt
Die Nahles-Nachfolge an der Fraktionsspitze soll kommissarisch der Kölner SPD-Abgeordnete und Fraktionsvize Rolf Mützenich übernehmen. Die ursprünglich für Dienstag geplante Neuwahl des Fraktionsvorsitzes wird nicht stattfinden.
Nahles hatte ihren Rückzug nach nur 13 Monaten an der Parteispitze Sonntag früh in einem kurzen Schreiben an die Parteimitglieder angekündigt. "Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist", heißt es darin. Nahles wird auch ihr Abgeordneten-Mandat niederlegen und sich damit komplett aus der Bundespolitik zurückziehen.
Wahl-Debakel
Die Niederlagen bei der Europawahl und der Regionalwahl im Bundesland Bremen am 26. Mai hatten die Diskussion über Nahles' politische Zukunft befeuert. Die Sozialdemokraten hatten bei der Europawahl zweistellig verloren. In ihrer Hochburg Bremen in Norddeutschland wurden sie zudem bei der Regionalwahl erstmals nach 73 Jahren von den Christdemokraten überholt.
Nahles hatte den Vorsitz der Partei erst im Frühjahr 2018 im Gefolge der aus SPD-Sicht enttäuschenden Bundestagswahl 2017 übernommen. Bei der Wahl im September 2017 war die SPD auf 20,5 Prozent gefallen, bei der Europawahl am 26. Mai endete sie bei 15,8 Prozent.
In der Diskussion über ihre Nachfolge gibt es auch Rufe nach einer Doppelspitze. Unter anderem der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig plädierte dafür, "dass man sich da einfach breiter aufstellt". Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sagte mit Blick auf die Grünen, die eine solche Doppelspitze haben: "Das ist etwas, womit die anderen offensichtlich ganz gut arbeiten können."
Außenminister Heiko Maas schlug in der Sitzung des Parteivorstandes nach Reuters-Informationen ebenfalls vor, dass die SPD von einer Doppelspitze geführt werden sollte, die per Urwahl durch die Mitglieder bestimmt werden sollte. "Die Zeit der Hinterzimmer muss endlich vorbei sein", zitiert ein Teilnehmer den Außenminister. "Wir brauchen eine neue Parteispitze, die eine möglichst breite Unterstützung unserer Mitglieder hat."