Nach Ausschreitungen nach zeitgleichen Kundgebungen beider Lager.
Sofia. Bulgariens Staatschef Rumen Radew hat in einer Verschärfung des Konflikts mit Ministerpräsident Boiko Borissow den Rücktritt der Regierung und des Generalstaatsanwalts verlangt. Der Präsident begründete seinen Vorstoß am Samstag mit entsprechenden Forderungen von Demonstranten sowie mit Spannungen wegen Ausschreitungen nach zeitgleichen Kundgebungen beider Lager vom Freitagabend.
Radew steht den oppositionellen Sozialisten nahe. Die regierende Partei GERB erklärte, dass Teilnehmer an der Präsidenten-Kundgebung unter anderem Polizeikräfte mit Flaschen angegriffen hätten. Drei Polizisten seien dabei verletzt und 18 Demonstranten festgenommen worden.
"Der Ausweg aus der entstandenen Lage ist einer: Rücktritt der Regierung und des Generalstaatsanwalts", sagte Radew in einer im Fernsehen live übertragenen Ansprache. "Die Gewalt und Manipulationen können das Vertrauen in die Institutionen nicht zurückbringen", begründete er. Radew sagte, die Bulgaren protestierten gegen Korruption, Angsteinjagen, Staatsanwaltserpressung. Hintergrund ist eine Polizeirazzia in den Arbeitsräumen von zwei hochgestellten Mitarbeitern des Präsidialamts, die vorübergehend festgenommen wurden. Dem einen wird Einflusshandel und dem anderen Anstiftung zum Amtsmissbrauch vorgeworfen.
Generalstaatsanwalt Iwan Geschew warf Staatschef Radew prompt einen Verstoß gegen die Verfassung vor: "Der "Vereiniger der Nation" erlaubte es sich wieder einmal, die Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu verletzen und einen groben Druck auf die Staatsanwaltschaft auszuüben", schrieb er auf Twitter.
Mehrere Hundert Demonstranten versammelten sich unterdessen erneut vor dem Präsidialamt in Sofia, um für Demokratie und gegen die seit Mai 2017 amtierende bürgerlich-nationalistische Regierung von Boiko Borissow zu protestieren. Staatschef Radew hatte bei einer vorausgegangenen Aktion dieser Art aufgerufen, die "Mafia" aus der Regierung und der Staatsanwaltschaft zu vertreiben. Die Proteste sollen in den kommenden Tagen fortgesetzt werden. Sie werden vor einem von den Sozialisten angekündigten Misstrauensantrag im Parlament gegen die Regierung wegen angeblicher Korruption veranstaltet.