"Weitere Destabilisierung"

Strache kritisiert neue kosovarische Armee

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Kosovo gibt sich eine eigene Armee und erbost damit Serbien und den Vizekanzler. 

Das kosovarische Parlament hat am Freitag die Umbildung der bestehenden Sicherheitskräfte (FSK - Forca e Sigurise se Kosoves) in eine reguläre Armee beschlossen. Dazu wurden drei Gesetze verabschiedet, welche den Sicherheitskräften, die bisher nur bei Katastrophen zum Einsatz kamen, zusätzliche Befugnisse geben.

Der Parlamentssitzung wohnten 107 der 120 Abgeordneten bei. Sie alle stimmten für die Schaffung einer eigenen Armee. Die Abgeordneten der mitregierenden, belgrad-treuen "Serbischen Liste", die gegen die Armee sind, boykottierten die Sitzung. Auch Serbien, das die Unabhängigkeit seiner früheren Provinz Kosovo nicht anerkennt, ist gegen die Armee.

 

Strache kritisiert neue kosovarische Armee

Vizekanzler Heinz-Christian Strache übte heute scharfe Kritik am Beschluss des kosovarischen Parlaments, eine eigene Armee zu gründen. Laut UNO-Resolution 1244 habe der Kosovo auch kein Recht auf eine Armee. Strache verwies in seiner Aussendung auch auf die Aussagen von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der diesen Schritt Kosovos ausdrücklich bedauerte.
 
Strache befürchtet, dass dieses Vorgehen nun zu einer weiteren Destabilisierung der Region führen werde. "Es handle sich um einen weiteren Alleingang Kosovos wie zuvor schon bei der Anhebung der Zölle auf serbische Waren auf 100 Prozent. Wenn Pristina weiter so agiere, isoliere es sich international. Für den Frieden auf dem Balkan sei dies alles andere als förderlich", so Strache in der Aussendung.
 

5.000 Armee-Mitglieder

Die derzeitigen Sicherheitskräfte haben 2.500 Angehörige, die künftige Armee soll laut Medienberichten etwa 5.000 Angehörige im aktiven Militärdienst und etwa 3.000 Reservisten haben. Die Umbildung der Sicherheitskräfte in eine Armee soll laut früheren Medienberichten etwa zehn Jahre in Anspruch nehmen. Die drei Gesetze, die verabschiedet wurden, betreffen die Schaffung eines Verteidigungsministeriums, die Streitkräfte an sich und den Dienst in den Streitkräften. Der bisherige Name FSK bleibt erhalten.

Serbien hatte zuletzt indirekt mit militärischer Gewalt gedroht, sollte der Beschluss für die Armee im Kosovo fallen. Die serbische Regierungschefin Ana Brnabic beteuerte jedoch nun in einer ersten Reaktion am Freitag, dass Belgrad "auf dem Pfad des Friedens und der Stabilität" bleiben werde. Die USA unterstützen das Vorgehen Pristinas, die NATO jedoch sieht nicht den richtigen Zeitpunkt für das Gesetzesprojekt. Marko Djuric, Leiter des Kosovo-Büros der serbischen Regierung, appellierte bei einer Pressekonferenz in Belgrad an "Albaner und Serben", den kosovarischen Streitkräften nicht beizutreten. Angehörigen der Streitkräfte drohte er mit Festnahme und "hohen Haftstrafen".

 

"Serbische Liste" Krisenstab eingerichtet

Ein von der "Serbischen Liste" im Norden des Kosovo gebildeter Krisenstab ließ wissen, dass man den Parlamentsbeschluss nie erkennen werde. Die Entscheidung sei unannehmbar und für die Serben nicht bindend, erklärte Parteichef Goran Rakic. Auch habe die künftige Armee in den "serbischen Gemeinden, allen voran im Norden des Kosovo nichts zu suchen", verkündete Rakic bei einer Kundgebung in Nord-Mitrovica. Die künftige Armee würde den Frieden und die Sicherheit gefährden, warnte er.

Die serbische Regierung sieht in der Armee eine Verletzung der UNO-Resolution 1244 vom Juni 1999 sowie der kosovarischen Verfassung. Laut UNO-Resolution, die mangels einer Einigung im Weltsicherheitsrat nie geändert wurde, ist im Kosovo einzig die internationale NATO-geführte Schutztruppe KFOR für die Sicherheit zuständig. Laut der kosovarischen Verfassung wäre für die Bildung der Armee eine zweimalige Zweidrittelmehrheit notwendig. De facto hätten daher auch Vertreter der Minderheiten, darunter Serben, im Parlament dafür stimmen müssen. Belgrad befürchtet nach eigenen Angaben, dass die neue Armee die Serben aus dem Kosovo vertreiben könnte.

Mehr als 90 Prozent der Bewohner des Kosovo sind ethnische Albaner, die Serben stellen etwa fünf Prozent der Bevölkerung. Auf Betreiben der EU begannen Serbien und der Kosovo, der 2008 - nach dem Kosovo-Krieg 1998/99 und Jahren unter UNO-Verwaltung - die Unabhängigkeit erklärte, vor Jahren einen Dialog zur Normalisierung der Beziehungen, der derzeit aber in einer Sackgasse steckt.

 

Armee-Gründung "natürliche Evolution"

Für den kosovarischen Ministerpräsidenten Ramush Haradinaj ist die Schaffung der regulären Streitkräfte Teil einer natürlichen Evolution. Der Prozess der Transformation der FSK habe schon vor zehn Jahren begonnen - "unter tätiger Anleitung und Mithilfe unserer NATO-Partner" -, sagte Haradinaj im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur in Prishtina. "Er ist nun an einem Punkt angelangt, wo dies ein logisch zwingender Schritt ist", fügte er hinzu. Für den kosovarischen Parlamentspräsidenten Kadri Veseli hat eine "neue Epoche" für sein Land begonnen. "Ab jetzt haben wir auch offiziell eine kosovarische Armee. Glückauf Soldaten!", so Veseli nach der Abstimmung im Parlament. Der kosovarische Präsident Hashim Thaci erklärte am Freitag, dass mit dem heutigen Parlamentsvotum über die Umbildung der Sicherheitskräfte (FSK) in die reguläre Armee "der Prozess des Staatsaufbaus nach zwei Jahrzehnten harter Arbeit" abgeschlossen worden sei. Die heutige Parlamentsentscheidung sei das "beste Geschenk" zum Jahresende gewesen, meinte Thaci.

Die NATO will nunmehr die eigene Militärpräsenz und ihren Einsatz im Kosovo überprüfen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte am Freitag, er bedauere die Entscheidung, die trotz Bedenken der NATO gefasst worden sei. Die Umwandlung der leicht bewaffneten, nur für den Katastrophenschutz zuständigen Kosovo-Sicherheitskräfte (FSK) in eine reguläre Armee sei zwar Prishtinas Angelegenheit. Die NATO habe aber klar gemacht, dass dies zu einem schlechten Zeitpunkt erfolge. Deshalb müsse die Allianz nun das Ausmaß ihrer Unterstützung für die FSK erneut prüfen. Die NATO bleibe durch die von ihr geführte KFOR-Truppe, an der auch Österreich beteiligt ist, der Sicherheit im Kosovo und der Stabilität auf dem westlichen Balkan verpflichtet. Alle Seiten müssten dafür Sorge tragen, dass die Entscheidung des kosovarischen Parlaments keinen weiteren Anstieg des Spannungen in der Region zur Folge habe.

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