Showdown in Brüssel

Streit um Orban: EVP-Chef droht mit Rücktritt

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Fidesz lehnt Suspendierung und neue Auflagen strikt ab. EVP-Chef Daul droht mit Rücktritt.

EVP-Chef Joseph Daul drohte bei der Vorstandssitzung der Europäischen Volkspartei Mittwochabend wegen der Debatte um die Mitgliedschaft der ungarischen Fidesz-Partei von Premier Viktor Orban sogar mit Rücktritt. "Wenn wir keinen Kompromiss finden, werde ich zurücktreten".

Daul erklärte, man könne vier Wörter im Kompromisstext ändern. Dies könne jeder akzeptieren. Gleichzeitig forderte Daul auch von Orban weitere Anstrengungen.

 Laut EVP-Kreisen lautet der Kompromiss folgendermaßen: Das EVP-Präsidium und Fidesz einigen sich gemeinsam darauf, die Fidesz-Mitgliedschaft zu suspendieren, bis ein Bericht des Evaluierungskomitees fertig ist.
 

Orban will offenbar von selbst gehen

Der ungarische Präsident Viktor Orbán machte zu Beginn der EVP-Sitzung Mittwochnachmittag in Brüssel klar, dass er den Vorschlag von EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber nach einer Suspendierung seiner Fidesz-Partei nicht akzeptieren werde. Wenn der Vorschlag Webers sich nicht ändere, "werden wir das nicht akzeptieren", so Orbán.

Schüssel soll Ungarn inspizieren

Die EVP-Spitze wollte auch ein Evaluierungskomitee für die Fidesz von Orbán. Dieser Art Weisenrat hätte aus dem früheren EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy, Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel und dem ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten Hans-Gert Pöttering bestehen sollen. Dass der Ex-Kanzler Erfahrung mit einem Weisenrat hat, ist bekannt. Immerhin wurde seiner Zeit im Zuge der Sanktionen gegen die schwarz-blaue Regierung selbst einer nach Österreich geschickt.

Weber erklärte zu Beginn der Tagung, diese Sitzung betreffe die kritisierte Kampagne von der Fidesz und nicht das Thema Migration. Die deutsche CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte zu Orbán, es gehe darum, ob genügend Vertrauen bestehe, um weiter zusammenzuarbeiten. Nicht nur für die EU-Wahlen, aber auf lange Sicht. Jedenfalls handle es sich bei dem EVP-Vorschlag "nicht um einen Ausschluss der Fidesz, es ist eine Brücke".

 

Fass am Überlaufen

Die von der EVP zuletzt formulierten zusätzlichen Bedingungen betreffend die Behandlung von NGOs, den Kampf gegen Korruption und den Missbrauch von EU-Geldern hätten das Fass zum Überlaufen gebracht, wurde berichtet. Zuvor hatte die EVP-Spitze mit Manfred Weber, der deutschen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, EVP-Chef Joseph Daul und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ein sechsmonatiges Einfrieren der Mitgliedschaft von Fidesz in der Europäischen Volkspartei verlangt.

Orbán selbst hatte sich noch vergangene Woche für seine Aussage entschuldigt, einige andere der EVP angehörende Parteien seien "nützlichen Idioten" der Linken. Der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas kündigte nun am Mittwoch an, dass Fidesz die EVP bei einer Suspendierung selbst verlassen werde. Es gehe um die Ehre von Fidesz und von Ungarn, meinte er.

Mit dem Austritt der Fidesz aus der EVP schwinden auch die Chancen der größten europäischen Parteienfamilie bei den EU-Wahlen im Mai. Dies war auch mit ein Grund, warum die EVP selbst so lange keine klare Positionierung gegenüber Fidesz eingenommen hatte. Der EVP-Spitzenkandidat für die Wahlen und erste Anwärter auf den Posten des neuen Kommissionspräsidenten, Manfred Weber, hatte aber zuletzt klar gemacht, dass er von seinen Bedingungen nicht abweichen werde.

Beim EVP-Vorstand werden aber nur wenige Staats- und Regierungschefs vertreten sein. Neben der deutschen Kanzlerin Angela Merkel haben auch Kurz, Irlands Premier Leo Varadkar, Bulgariens Ministerpräsident Bojko Borissow, Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis, der rumänische Präsident Klaus Johannis und Kroatiens Premier Andrej Plenkovic abgesagt. Auch von den rund 50 Parteivorsitzenden nehmen nur wenige teil. Die Anwesenheit von Kramp-Karrenbauer wird als Unterstützung für Weber gewertet.

Bei einem Austritt von Fidesz werden die Karten für die EU-Wahlen neu gemischt. Die EVP verliert mit Fidesz zwölf EU-Mandatare. Es könnte sein, dass sich die ungarische Partei dann einer rechtsgerichteten Fraktion anschließt. Möglich ist auch, dass die FPÖ mit der Fidesz, der polnischen PIS und der italienischen Lega einen Rechtsblock im Europaparlament bilden könnte. Gulyas war schon Ehrengast von Vizekanzler FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beim Opernball gewesen. Und die Avancen der FPÖ für ein Zusammengehen mit Fidesz hatte zuletzt auch der freiheitliche Delegationschef im EU-Parlament, Harald Vilimsky, bekräftigt.
 

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