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Mit 87 Jahren

Trauer um Polit-Legende: Helmut Kohl ist tot

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Der deutsche Altkanzler starb am Freitagmorgen in Ludwigshafen, bestätigt die CDU.

Der deutsche Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl ist tot. Nach Angaben der "Bild"-Zeitung starb Kohl im Alter von 87 Jahren am Freitagmorgen in seinem Haus in Ludwigshafen.

Ganz Deutschland trauert
"Wir trauern", twitterten CDU und CSU. Der 1930 geborene CDU-Politiker war von 1982 bis 1998 der am längsten amtierende Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Nachlesen: Van der Bellen und Kurz würdigen "großen Europäer"

Kohls Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag den Tod des Altkanzlers.

Auch der frühere "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann meldete über Twitter den Tod Kohls. Diekmann gilt als enger Freund der Familie.

 

Auch in Österreich trauern Politiker um Kohl. „Helmut Kohl war ein großer Europäer und Staatsmann. Das zeigte etwa die Geste als er mit dem französischen Präsidenten Francois Mitterand Hand in Hand am Schlachtfeld von Verdun der Kriegstoten gedachte und dass er die Einführung des Euro in Deutschland durchsetzte. Sein staatsmännisches Geschick zeigte Kohl, als er die Chance ergriff und die Wiedervereinigung Deutschlands erreichte“, so Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum Tod des deutschen Altkanzlers Helmut Kohl in einer Aussendung.

Kanzler der Einheit und Wegbereiter Europas
"Die deutsche Einheit und die europäische Einigung sind zwei Seiten ein und derselben Medaille." Unter dieses Credo stellte Helmut Kohl sein politisches Wirken. Als Kanzler der Einheit und Wegbereiter von Europäischer Union und Euro sicherte sich der Ehrenbürger Europas den Eintrag in die Geschichtsbücher.

CDU-Spendenaffäre
Doch der Glanz wurde getrübt durch die CDU-Spendenaffäre, in der sich Kohl ein Jahr nach seiner Abwahl über die Gesetze stellte und einen Bruch mit seiner Partei provozierte. In den folgenden Jahren saß er aber auch diese Schwierigkeit - wie so viele zuvor - aus und wurde wieder geachtet und hofiert. Am Freitag starb Helmut Kohl im Alter von 87 Jahren.

16 Jahre, länger als sein Vorbild Konrad Adenauer und länger als jeder andere seiner Vorgänger und Nachfolger, war Kohl Bundeskanzler. Zielstrebig hatte er auf das höchste Regierungsamt hingearbeitet. Nach einem gescheiterten Anlauf gegen den SPD-Kanzler Helmut Schmidt im Jahr 1976 hatte er sechs Jahre später sein Ziel erreicht. Mithilfe der FDP stürzte er Schmidt über das bisher einzige Misstrauensvotum in der deutschen Nachkriegsgeschichte und wurde 1983 in einer vorgezogenen Bundestagswahl klar bestätigt.

Oft eklatant unterschätzt
Kaum ein anderer deutscher Spitzenpolitiker wurde so oft und eklatant unterschätzt wie Kohl. In den ersten Jahren seiner Kanzlerschaft sah sich der Pfälzer Spott und Häme wegen seiner Volksverbundenheit und der zunehmenden Körperfülle ausgesetzt. "Birne" war wohl der bekannteste Schmähruf seiner Gegner. Doch Kohl focht das nicht an. Er wurde immer mächtiger und auch massiger. Allein schon durch seine gewaltige Erscheinung flößte er bei Anhängern Respekt ein und wirkte auf Gegner einschüchternd. Er kanzelte gnadenlos diejenigen ab, die innerhalb der CDU an seinem Mythos kratzten.

Das System Kohl
Bei seinem Aufstieg wie während seiner Amtszeit baute der Machtmensch auf das sprichwörtliche System Kohl. Durch langjährige und regelmäßige Kontakte mit den CDU-Orts- und Kreisvorsitzenden schuf er sich eine derart starke Machtbasis, dass er nicht auf das klassische Partei-Establishment angewiesen war. Das System Kohl funktionierte auch auf internationaler Ebene. Die von ihm gesuchten und gepflegten engen persönlichen Beziehungen zum französischen Präsidenten Francois Mitterrand, zu Michail Gorbatschow und Boris Jelzin sowie zu den US-Präsidenten George Bush und Bill Clinton waren wesentliche Voraussetzungen dafür, Ängste vor einem wiedervereinigten Deutschland zerstreuen zu können.

Putschpläne
Ein weiteres Merkmal war das schon legendäre Aussitzen von Problemen und Krisen. Das führte allerdings auch dazu, dass angekündigte und notwendige Reformen nur schleppend umgesetzt wurden. Die Unzufriedenheit mit dem Kanzler, der für eine "geistig-moralische Wende" angetreten war, gipfelte 1989 in Putschplänen seiner innerparteilichen Widersacher um Heiner Geißler, Lothar Späth und Rita Süssmuth. Durch das System Kohl bekam der Kanzler Wind davon und konnte sie abwehren.

Wenig später sprach niemand mehr davon, denn die Mauer und der Eiserne Vorhang fielen. Kohl ergriff die einzigartige Chance, und es gelang ihm auch durch seine persönlichen Vertrauensverhältnisse zu Bush, Mitterrand und Gorbatschow, Widerstand gegen die deutsche Einheit zu zerstreuen. Den Grundstein dafür legte er im Dezember 1989. Kohl wählte einen symbolträchtigen Ort. Vor der Ruine der Dresdner Frauenkirche rief er aus, dass von deutschem Boden nie mehr Krieg und immer Frieden ausgehen müsse.

 

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