War der Eklat im Weißen Haus von langer Hand geplant?
Hat Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj (47) gerade die Zukunft seines Landes verspielt? Was als zunächst höflicher Austausch vor dem knisternden Kamin im Oval Office mit Gastgeber Donald Trump (78) vor dem Presse-Pool gedacht war, geriet zu einem offenen Streit, einem Ausbruch an Feindseligkeiten, ja stellenweise einem schockierenden Schreiduell. So einen offenen und knallharten Diskurs vor laufenden Kameras hatte die Welt noch nie gesehen.
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Völlige Eskalation
Schon bei der Begrüßung nach Ankunft Selenskyjs frotzelt Trump über die - aus drei Kriegsjahren hinlänglich bekannte - typische Kleidung des Ukrainers und betont in seinen einleitenden Worten, Selenskyj müsse bereit zu Kompromissen sein. Fast 40 Minuten lang geht dann alles einigermaßen gut. Bis Selenskyj die wohl entscheidende Frage stellt, die Trump und dessen Vizepräsident J.D. Vance offensichtlich komplett in den falschen Hals bekommen:
"Ich spreche mit meinen Freunden in Polen und sie sind besorgt, dass Sie sich zu sehr auf die Seite von Putin schlagen. Was sagen Sie denen?", fragt der Ukrainer. Trump antwortet, er könne durchaus Härte gegenüber Putin zeigen, dann werde es aber nie zu einem Deal kommen. Ähnlich äußert sich Vance, der seinem Präsidenten zur Seite springt.
Es entspinnt sich ein Wortgefecht unter den Dreien. Vance wird aggressiver: "Glauben Sie, es ist respektvoll, in das Oval Office der Vereinigten Staaten zu kommen und die Administration anzugreifen, die versucht, die Zerstörung Ihres Landes zu verhindern?"
Nach dem Eklat stellten sich viele Beobachter die Frage, wie es denn zu einer solchen Eskalation kommen konnte. Einige Experten sind sich dabei sicher, dass der Eklat von Trumps Team geplant war.
"Es war ein Hinterhalt"
Robert McConnell, Mitgründer der Nichtregierungsorganisation „U.S.-Ukraine Foundation“, bezieht gegenüber dem Tagesspiegel klar Stellung. „Es war ein Hinterhalt mit dem Ziel, das amerikanische Volk glauben zu machen, dass die Ukraine undankbar ist und unsere Unterstützung nicht verdient“, so der ehemalige US-Staatssekretär unter Präsident Reagan. „Trump will seine Beziehung zu Putin festigen, denn Russland ist für die USA der größere Markt.“
Auch ein EU-Botschafter geht gegenüber dem Tagesspiegel mit dem US-Präsidenten hart ins Gericht. „Trump ist die Ukraine egal, auch wenn er den Rohstoff-Deal gerne abschließen würde“, so der Botschafter. „Ich bin seit Jahrzehnten im diplomatischen Dienst und habe wirklich vieles gesehen. Aber ein derartiges Ausmaß an Erpressung, wie es die US-Regierung in den Verhandlungen mit der Ukraine an den Tag legt, habe ich noch nie erlebt.“