Ankara räumt offiziell ein, dass ein Beschluss in diesem Monat nicht mehr möglich ist.
Der türkische Europa-Minister Ömer Celik sieht für einen Beschluss des umstrittenen Visa-Abkommens mit der EU vor dem 1. Juli keine Chance mehr. "Wenn wir realistisch sind, werden wir den Termin nicht einhalten", sagte Celik am Freitag dem niederländischen Sender NOS.
Es ist das erste Mal, dass Ankara offiziell einräumt, dass ein Beschluss der umstrittenen Visa-Liberalisierung in diesem Monat nicht mehr machbar erscheint. Die EU hatte der Türkei im Zuge des gemeinsamen Flüchtlingsabkommens eine beschleunigte Visa-Liberalisierung bis spätestens Ende Juni in Aussicht gestellt. Ankara weigert sich aber, als Voraussetzung seine weit gefassten Terrorismusgesetze zu ändern, die Kritikern zufolge auch zum Vorgehen gegen Regierungskritiker eingesetzt werden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat gedroht, den Flüchtingsdeal platzen zulassen, wenn die Visa-Freiheit nicht spätestens bis Oktober kommt.
Flüchtlingsabkommen
Zuvor hatte bereits Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) in Luxemburg gesagt, er halte den Fall des Visa-Zwangs zum 1. Juli "nicht für denkbar". Die EU-Innenminister berieten am Freitag in Luxemburg über den Stand der Umsetzung des im März geschlossenen EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens. Es soll dem Geschäft von Schlepperbanden den Boden entziehen, indem die Türkei alle auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge zurücknimmt. Im Gegenzug nimmt die EU für jeden so abgeschobenen Syrer einen anderen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf.