Niederlande

Überfülltes Asylzentrum: Hunderte Migranten müssen im Freien schlafen

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Nach Sparmaßnahmen gibt es zu wenig Übernachtungsmöglichkeiten für Flüchtlinge.

Vor dem überfüllten nationalen Asylzentrum der Niederlande haben von Donnerstag auf Freitag erneut Hunderte Menschen im Freien übernachtet. Die hygienischen Zustände seien im Umfeld des Zentrums beim Dorf Ter Apel an der Grenze zu Deutschland seit Wochen unhaltbar, kritisierten Hilfsorganisationen. Die niederländische Regierung versprach Hilfe: Das Kabinett sei "mit nichts anderem beschäftigt", sagte Ministerpräsident Mark Rutte laut Nachrichtenagentur ANP am Donnerstagabend.

Rutte bezeichnete die Situation in Ter Apel als "schrecklich". Am späten Donnerstagabend wurden von der Zentralbehörde für die Aufnahme von Asylsuchenden (COA) rund 150 Flüchtlinge aus der Umgebung von Ter Apel ins 150 Kilometer entfernte Apeldoorn gebracht, wo sie für zunächst vier Tage in Sporthallen untergebracht wurden. Danach sollen sie Unterkünfte in Doetinchem im Süden der Niederlande beziehen.

Ter Apel
© AFP
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Baby starb in Sporthalle

Unterdessen hat die Europäische Kommission die Niederlande aufgerufen, den Tod eines drei Monate alten Babys in Ter Apel gründlich zu untersuchen, wie ANP berichtete. Das Kind war am Mittwoch in einer als Notunterkunft eingerichteten Sporthalle gestorben. Zur Ermittlung der Todesursache haben die Justiz- und die Gesundheitsbehörde bereits vor der EU-Aufforderung eine Untersuchung eingeleitet. Ein EU-Sprecher erklärte laut ANP, man sei sich der "herausfordernden Situation im Aufnahmezentrum der Niederlande" bewusst und bereit, das Land zu unterstützen.

In Ter Apel protestierten am Donnerstagabend mehrere Hundert Menschen - Bewohnerinnen und Bewohner des Dorfes sowie aus anderen Orten im Norden der Niederlande - gegen die "Überforderung" der Gemeinde durch das Asylzentrum. Sie trugen Spruchbänder mit Texten wie "Wir haben es satt" und "Echte Flüchtlinge ok. Weg mit Unruhestiftern!"

Ursache der Krise ist nicht ein großer Zustrom von Flüchtlingen. Dieser ist mit rund 43.000 Menschen pro Jahr stabil. Doch nach Sparmaßnahmen bei der Immigrationsbehörde und der Schließung von Asylzentren fehlten nun Plätze, und es nähmen Wartezeiten zu, sagte Frank Candel, Vorsitzender des niederländischen Flüchtlingswerkes.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen meldete am Freitag, mit der medizinischen Versorgung von Asylsuchenden begonnen zu haben. "Dies ist das erste Mal, dass Ärzte ohne Grenzen in den Niederlanden medizinische Hilfe leistet", sagte Judith Sargentini, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Niederlande. Die Organisation hat ihr medizinisches Team demnach in Absprache mit den zuständigen niederländischen Behörden und dem Roten Kreuz entsandt, "um die medizinische Grundversorgung der Menschen in Ter Apel zu gewährleisten, die in den Niederlanden Asyl suchen". Das Team sei außerhalb des Aufnahmezentrums präsent, um Menschen mit Krankheiten und Verletzungen zu behandeln. Versorgt werden laut der NGO Asylsuchende, die an Hautkrankheiten leiden, an Atemwegserkrankungen, Harnwegsinfektionen, Durchfall und Erbrechen, psychischen Problemen, Zahnproblemen sowie diversen Verletzungen.
 

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