Blitzkrieg ist gescheitert

4 Wochen Krieg: So steht es wirklich um die Ukraine

Städte in Schutt und Asche, Millionen Vertriebene, aber Putins Angriff stockt.

Kiew/Moskau. Der Kremlchef rechnete mit einem Blitzkrieg, als er am 24. Februar mindestens 250.000 Soldaten in die Ukraine schickte, viele davon normale Wehrdiener, die am 1. April abrüsten sollten. Innerhalb von zwei, drei Tagen wollte sein Verteidigungsminister Sergej Schoigu die Ukraine erobern. Davon kann keine Rede mehr sein. Putin ließ Theater, Einkaufszentren, Schulen, Kindergärten, Spitäler bombardieren, ganze Landstriche völlig verwüsten – erobert hat er bisher maximal ein Zehntel des riesigen Landes (44 Millionen Einwohner). Erst zwei strategisch unwichtige Städte (Isjum und Cherson) sind unter russischer Kon­trolle.

Städte zerstört: Mariupols Rathaus eingenommen

Widerstand. Seit vier Wochen wird die Ukraine bombardiert. Die Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer (440.000 Einwohner) ist zu 90 Prozent vernichtet, ein massives Kriegsverbrechen. Das Rathaus ist jetzt auch unter Tschetschenen-Kontrolle. Gefallen ist Mariupol aber nicht, 150.000 Menschen harren in den Ruinen aus. Putin bräuchte Mariupol, um eine Landverbindung zwischen Russland und der 2014 annektierten Halbinsel Krim zu haben. Auch Charkiw, die zweitgrößte Stadt, steht unter Dauerbeschuss, erobert wurde auch sie nicht.

Vor Kiew: Russen-Armee wird zurückgedrängt

Niederlage. Die Hauptstadt Kiew (3 Mio. Einwohner) fällt trotz Raketenterrors nicht. Auch ist Kiew nicht ein­gekesselt, wie von Putin gefordert. Die Straßen in den Süden sind noch immer offen. Im Nordwesten der Stadt wurde die russische Armee sogar zurückgedrängt: „Kiew wird niemals fallen“, so Stadtchef Vitali Klitschko. Alle Attentatsversuche auf ihn sowie auf den ukrainischen Präsidenten Selenskyj schlugen bisher fehl.

Gefallene Soldaten: Bis zu 16.000 tote Russen

Verluste. Zwischen 7.000 und 16.000 russische Soldaten sollen inzwischen gefallen sein, 1.336 Panzer wurden zerstört, 115 Hubschrauber abgeschossen, 1.470 Mannschaftstransporter, 72 Raketenabschussrampen sowie 60 Tanklaster zerstört. NATO-Schätzungen sagen: Rund 40.000 russische Soldaten sind verwundet, gefangen oder im Kampf vermisst, viele laufen zur Ukraine über. Im Hafen von Berdjansk ist sogar das erste Putin-Kriegsschiff versenkt worden. Symbolhaft für Moskaus Scheitern: Es ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass ein russisches Schiff versenkt wird.

Westukraine: Ganzes Land ist eine Festung

Verteidigung. Westlich von Kiew ist das Land bisher vom Krieg völlig verschont geblieben. Jedes Dorf, jede Stadt ist eine Festung. Mindestens zwei Millionen Ukrainer stehen unter Waffen, die Territorialverteidigung verfügt über modernstes Kriegsgerät. Russland hat nur noch Lufthoheit.

Karl Wendl: "Putin wird den Ukraine-Krieg nicht gewinnen"

Drei Wochen war ÖSTERREICH-Reporter Karl Wendl im Ukrainekrieg vor Kiew.

Bilanz. Putin hat sich gewaltig verschätzt. Offensichtlich sagten ihm seine Berater vor dem Einmarsch, dass die 44 Mil­lionen Ukrainer die russische Armee als Befreier empfangen würden, mit offenen Armen und Blumen. Auch glaubten die Kreml-Militärs an die Stärke ihrer Armee. Sie hatten keine klare Vorstellung und Geheimdienstinformationen über die tatsächliche Schlagkraft und die Entschlossenheit der ukrainischen Armee sowie der gesamten Bevölkerung.

Durchhalten. Inzwischen ist die Ukraine eine Festung, teilweise sogar hochgerüstet, die Verteidiger sind extrem motiviert, operieren in kleinen, flexiblen Trupps, meist nicht mehr als 20 Mann. Und sie haben panzerbrechende Waffen, fügen der russischen Armee enorme Verluste zu, teilweise gehen sie sogar erfolgreich zum Gegen­angriff über.

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