Teilnahme an militärischen Friedensmissionen

Expertin sieht Österreichs Neutralität bereits gelockert

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In der Debatte um die österreichische Neutralität angesichts des angestrebten NATO-Beitritts Finnlands und Schwedens stellt sich laut der slowenischen Militärexpertin Jelena Juvan die Frage, wie neutral Österreich tatsächlich noch ist. 

 "Wenn ein Land sich an Friedensmissionen beteiligt, ist die Neutralität im klassischen Sinne schon überschritten", sagte die Leiterin des Lehrstuhls für Militärwissenschaften an der Laibacher Fakultät für Sozialwissenschaften im APA-Gespräch.

EU-Missionen

Nicht nur durch die Teilnahme an Blauhelmmissionen der UNO, auch durch die EU-Mitgliedschaft sieht die Expertin Österreichs Neutralität bereits "gelockert". Die gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU sei nämlich ein militärischer Aspekt der EU. "Indem sich das österreichische Bundesheer an verschiedenen EU-Missionen beteiligt, ist die Neutralität nicht mehr so stark", sagte Juvan.

Bei Finnland und Schweden habe das "Gefühl der Gefährdung durch Russland" dazu geführt, dass sie ihre Neutralität aufgeben wollen, sagte die Expertin. Das Erstaunliche dabei sei die Umkehr in der öffentlichen Meinung in beiden Ländern, wo nun die Bevölkerung mehrheitlich den NATO-Beitritt befürwortet. Sei in Finnland wegen der langen Grenze mit Russland die Angst vor dem Nachbar verständlich, so sei es umso überraschender, dass auch Schweden auf seine Neutralität, die ein Teil der Identität sei, verzichte. "Das sind außergewöhnliche Veränderungen, sowohl für die beiden Länder als auch für die gesamte europäische Sicherheitsarchitektur", sagte Juvan.

NATO-Beitritt

Durch den NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens werde das NATO-Gebiet erweitert, das Bündnis komme weiter an Russlands Grenzen, was Russland eigentlich am meisten störe, so Juvan. Wenn im Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine das Missfallen an der NATO-Osterweiterung stehe, dann werde Russland genau das Gegenteil erreichen. "Anstatt von weniger NATO, wird es am Ende mehr NATO geben", sagte sie.

In Österreich, wo es kein Gefühl einer direkten Gefährdung gebe, dürfte sich die Neutralitätsdiskussion laut Juvan viel mehr um die Frage drehen, was diese Haltung eigentlich noch bedeutet. Politisch neutral sieht die Expertin Österreich nicht. In Bezug auf den Ukraine-Krieg habe Österreich Stellung bezogen, indem es als Teil der EU die Sanktionen gegen Russland unterstütze, sagte sie.

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