Schwere Verluste auf russischer Seite - Zudem mindestens vier ukrainische Zivilisten getötet.
Kiew (Kyjiw)/Moskau. Russische Truppen haben nach britischer Einschätzung den Großteil der umkämpften ostukrainischen Großstadt Sjewjerodonezk eingenommen. Unterstützt von heftigen Artillerieangriffen machten die Streitkräfte örtliche Geländegewinne, teilte das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag mit. Sie erlitten aber schwere Verluste. Die Hauptstraße in die Stadt hinein werde vermutlich noch von ukrainischen Einheiten gehalten, hieß es unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse.
Es gäbe mehrere Stellen, an denen Russland erneut versuchen könnte, den Fluss Siwerski Donez zu überqueren, der eine natürliche Verteidigungslinie der ukrainischen Truppen darstellt. Hätten die russischen Streitkräfte dort Erfolg, könnten sie das Gebiet Luhansk sichern und sich stärker auf das angrenzende Gebiet Donezk konzentrieren, so das britische Verteidigungsministerium. Beide potenziellen Stellen zur Flussüberquerung - zwischen Sjewjerodonezk und der Nachbarstadt Lyssytschansk sowie nahe der kürzlich eroberten Stadt Lyman - seien aber weiterhin unter ukrainischer Kontrolle. Die Ukrainer hätten mehrere Brücken zerstört, um den Russen ihren Vormarsch zu erschweren.
London geht davon aus, dass die russischen Truppen mindestens eine kurze taktische Pause benötigen, um eine Flussüberquerung und weitere Angriffe im Gebiet Donezk vorzubereiten. Dort hätten die ukrainischen Einheiten Verteidigungspositionen vorbereitet. Damit aber drohe die russische Offensive an Schwung zu verlieren.
Russische Truppen greifen Sjewjerodonezk massiv an
Auch dem Lagebericht des ukrainischen Generalstabs von Donnerstag zufolge greifen russische Truppen Sjewjerodonezk massiv an. Wie viele Bezirke der einstigen Großstadt die Ukrainer noch halten, sei unklar. Schon am Mittwoch hatten die Russen das Stadtzentrum eingenommen. Gefechte in den Vororten Bobrowe und Ustyniwka hätten den russischen Truppen trotz Unterstützung durch Granatwerfer aber keinen Erfolg gebracht, hieß es nun. Dafür räumen die ukrainischen Militärs der russischen Offensive in Komyschuwacha zumindest "teilweise Erfolg" ein. Die städtische Siedlung liegt südlich von Lyssytschansk.
Auch andere Teile im Osten und Nordosten der Region würden beschossen, erklärte der Generalstab der Streitkräfte. Dort wurden nach offiziellen Angaben mindestens vier Zivilisten getötet und zehn verletzt. Russland bestreitet, dass seine Soldaten auf die Zivilbevölkerung zielten. An anderen Frontabschnitten blieb es demnach vergleichsweise ruhig.