Ukraine-Krise

Slowjansk unter "massivem" russischen Beschuss

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Nach der Einnahme der Region Luhansk hat die russische Armee das wichtige Regionalzentrum Slowjansk im benachbarten Donezk ins Visier genommen.

"Slowjansk! Massives Bombardement der Stadt. Im Zentrum, im Norden. Alle in die Luftschutzkeller", schrieb Bürgermeister Wadym Liach auf Facebook. Die Polizei berichtete von mindestens einer Toten und mehreren Verletzten bei einem Angriff auf einen Markt.

Die ukrainische Regierung hatte sich zuvor zuversichtlich gezeigt, die russische Offensive stoppen zu können. "Das ist der letzte Sieg für Russland auf ukrainischem Territorium", sagte der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch in einer Video-Botschaft mit Blick auf den Fall der Städte Lyssytschansk und Sjewjerodonezk. Die EInnahme der beiden letzten Städte in der Region Luhansk bedeute, dass 60 Prozent der russischen Streitkräfte im Osten gebunden seien und es für Russland schwierig sei, sie in den Süden zu verlegen, sagte Arestowytsch. Zudem hätten die russischen Streitkräfte hohe Verluste erlitten. "Und es gibt keine Kräfte mehr, die aus Russland herangeschafft werden können. Sie haben einen hohen Preis für Sjewjerodonezk und Lyssytschansk bezahlt", sagte er.

Arestowytsch sagte weiter, dass eine Gegenoffensive im Süden des Landes möglich sei. Dies hänge auch von den zugesagten westlichen Waffenlieferungen ab, mit denen die Schlagkraft der ukrainischen Streitkräfte erheblich erhöht werden soll. "Es kommt darauf an, wie schnell der Nachschub kommt", erklärte er.

Für Aufregung sorgte indes eine neue Anordnung des Verteidigungsministeriums, wonach Männer zwischen 18 und 60 Jahren ihren Wohnort nicht mehr verlassen dürfen. Unter einem Facebook-Eintrag dazu gab es innerhalb kürzester Zeit hunderte wütende Kommentare. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass zahlreiche Ukraine nicht an ihrem Meldeort leben. Seit Beginn des russischen Einmarsches sind Zehntausende Wehrpflichtige in sicherere Gebiete im Westen der Ukraine geflohen, das Verlassen des Landes ist ihnen untersagt.

Die pro-russischen Separatisten kündigten unterdessen eine Verlegung von Kampfeinheiten in Richtung der Region Donezk an. Dies folge auf die "Befreiung" von Luhansk, zitiert die russische Agentur Tass den Anführer der selbst ernannten Volksrepublik Donezk, Denis Puschilin. Ein Vertreter der sich mittlerweile vollständig "befreit" wähnenden Volksrepublik Luhansk plädierte indes für eine Zurückdrängung der ukrainischen Truppen bis zur Hauptstadt Kiew. Dann würden die ukrainischen Raketen nämlich nicht mehr die Menschen im Donbass bedrohen, sagte ein Separatistenvertreter der Nachrichtenagentur RIA.

Während das russische Parlament in erster Lesung zwei Gesetzesentwürfe annahm, die Zwangslieferungen und erzwungene Feiertagsarbeit bei Unternehmen ermöglichen sollen, dementierte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu, dass Wehrpflichtige in die Ukraine geschickt werden sollen. Darüber wird seit Wochen spekuliert. Russland rekrutiert jedes Jahr rund 400.000 junge Männer zu einem einjährigen Militärdienst. Ihre Behandlung ist ein heikles innenpolitisches Thema.

In der Nacht auf Dienstag wurde in fast der gesamten Ukraine erneut Luftalarm ausgelöst. Aus dem nordöstlichen Gebiet Sumy wurde Beschuss mit Raketen und Granaten gemeldet, der mehrere Menschen verletzt habe. In Mykolajiw im Süden der Ukraine sind in der Früh russische Raketen eingeschlagen. Das berichtete Bürgermeister Olexandr Senkewytsch. Mykolajiw liegt an der Hauptstraße zwischen Cherson und Odessa.

Der Gouverneur von Donezk, Pawlo Kyrylenko, berichtete von einem Beschuss der Städte Slowjansk und Kramatorsk. "Sie sind jetzt auch die Hauptangriffslinie des Feindes", sagte er. "In der Region Donezk gibt es keinen sicheren Ort ohne Beschuss." 13 Orte in der Region seien am Montag beschossen worden, meldete die Nachrichtenagentur Ukrinform unter Berufung auf die ukrainische Polizei.

Die ukrainische Armee gab an, mehrere russische Vorstöße abgewehrt zu haben, etwa nördlich von Slowjansk bei Dolyna, bei Nowoluhanske oder an der Grenze zur Region Luhansk bei Bilohoriwka und Werchnjokamjanske. Umkämpft sei ebenso das Wärmekraftwerk Wuhlehirsk westlich des bereits von prorussischen Separatisten eroberten Switlodarsk. Etwas südlicher davon seien jedoch russische Einheiten bei Spirne mit massiver Artillerieunterstützung und Luftwaffeneinsatz weiter in Richtung der Stadt Siwersk vorgedrungen. Gebietsgewinne hätten die Invastoren nördlich von Slowjansk bei Masaniwka erzielt.

Neuerlich gab es auch Berichte über ukrainischen Beschuss von russischem Territorium, konkret der Grenzregionen Brjansk und Kursk. Der Brjansker Gouverneur Alexander Bogomas schrieb am Dienstag auf Telegram, das Dorf Sernowo sei mit Artillerie beschossen worden, verletzt worden sei aber niemand. Auch aus den betroffenen Kursker Dörfern gab es zunächst keine Informationen über mögliche Opfer. Zudem warf Russland dem Nachbarland am Dienstag vor, Kriegsgefangene gefoltert zu haben. Es seien deshalb Ermittlungen eingeleitet worden, teilte das staatliche Ermittlungskomitee am Dienstag in Moskau mit. Moskau und Kiew hatten in der vergangenen Woche je 144 Kriegsgefangene ausgetauscht.

Russland verstärkte die Anstrengungen, seine Kontrolle über besetzte ukrainische Gebiete zu zementieren. So sollen in der südlichen Region Cherson nach der Einführung des Rubel als Währung und der Ausgabe russischer Pässe auch Verwaltungsstrukturen nach russischem Muster aufgebaut werden. Ziel sei eine Integration in die Russische Föderation, betonte der Vize-Chef der russischen Militärverwaltung, Kirill Stremoussow, beim Nachrichtendienst Telegram. Am Dienstag solle eine neue Regionalregierung die Arbeit aufnehmen. Zum Regierungschef wurde der Ex-Geheimdienstagentur Sergej Elisejew ernannt, der bisher Vizepremier der russischen Exklave Kaliningrad war.

Die russisch installierten Behörden der Nachbarregion Saporischschja unternahmen Schritte, um der Ukraine gestohlenes Getreide ins Ausland zu verkaufen. Eine entsprechende Vereinbarung sei mit Ländern vor allem im Nahen Osten getroffen worden, meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass. Die Importeure seien allen voran der Irak, der Iran und Saudi-Arabien, berichtet Tass unter Berufung auf Jewgeni Balizki, den Leiter der von Russland eingesetzten Verwaltung in der Region Saporischschja.
 

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