EU-Beitritt

Ukrainischer Botschafter sucht Gespräch mit Österreich

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Der ukrainische Botschafter in Österreich, Vasyl Khymynets, ist über Aussagen von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) "sehr enttäuscht".  

Wie er am Montagabend gegenüber Journalisten in Wien sagte, wolle die Ukraine "weiter konstruktive Gespräche" mit Österreich. "Wir sind fest davon überzeugt, dass die Ukraine den EU-Kandidatenstatus verdient". Konkret erhofft sich Khymynets den Status im Juni. "Die Ukraine braucht die EU genauso wie die EU die Ukraine braucht."

Schallenberg hatte beim Medienforum in Lech laut über "maßgeschneiderte Angebote der engstmöglichen Anbindung der Ukraine" an die EU nachgedacht. Die Ukraine gehöre zu Europa und zum Westen, hatte Schallenberg am Samstag gesagt. Aber einschränkend ergänzt: "Kann das ausschließlich über eine Vollmitgliedschaft zur EU funktionieren? Das glaube ich nicht." Erklärt hatte der Außenminister seine Zurückhaltung damit, dass nicht auf den Westbalkan vergessen werden dürfe.

Keine Alternativen

Alternativen zum EU-Beitritt und der Verweis auf andere Länder sind für den Botschafter nicht zulässig. Ihm geht es um die Anerkennung der Verdienste der Ukraine. Sein Land habe bereits die Vorstufe des Beitrittsvertrags, das Assoziierungsabkommen mit der EU zu mehr als 60 Prozent implementiert. Auch beim Freihandel und der Bekämpfung von Korruption habe es viele Fortschritte gegeben. Der Beitritt zur Union sei das Ziel des ukrainischen Volkes: Die EU werde von fast 90 Prozent der Ukrainer unterstützt, betonte Khymynets. Die Ukraine habe sich schon lange klar proeuropäisch positioniert. Bereits die Orangene Revolution 2004 bezeichnete Khymynets als "starken Ausdruck des Willens zur EU".

Aber auch für die EU hätte ein Beitritt der Ukraine Vorteile, erklärte der Botschafter. Der "Demokratieraum" in Europa würde ausgeweitet. Die EU würde außerdem von der "rasanten Entwicklung" des Informationstechnologie-Sektors oder der Wasserstoffproduktion profitieren. Die Ukraine sei bereits in viele politische EU-Initiativen involviert, insbesondere den Green Deal sowie den Digitalmarkt. Die Ukraine sei ein verlässlicher Partner der EU in internationalen Angelegenheiten, indem sie 93 Prozent der EU-Erklärungen über internationale Entwicklungen sowie Ansätze zu deren Regulierung unterstützt habe.

Auch für die Lebensmittelversorgung spiele die Ukraine "eine große Rolle". Der ukrainische Markt sei groß, die Menschen seien gut ausgebildet "in manchen Bereichen auf besserem Niveau als in Österreich". Nach seiner Ankunft als Botschafter im Oktober habe Khymynets in vielen Gesprächen mit österreichischen Wirtschaftsvertretern starkes Interesse an einer Erweiterung ihrer Produktion in der Ukraine oder an neuen Investitionen vernommen. Österreich zähle zu den sechstgrößten Investoren in der Ukraine. Er sei deswegen "fest davon überzeugt, dass die österreichische Wirtschaft von einer EU-Mitgliedschaft der Ukraine eindeutig zu größten Profiteuren gehören wird", betonte der Botschafter.

Abgesehen von der Unterstützung der EU-Ambitionen Kiews erwartet sich Khymynets, dass Österreich ein Ölembargo als weitere EU-Sanktion gegen Russland befürwortet. Für die Ukraine scheint klar, dass das neutrale Österreich keine Waffen liefern werde. "Wir brauchen weiterhin österreichische Hilfstransporte. Das Ausmaß der Zerstörungen ist enorm, viele Menschen verhungern." Benötigt würden Feuerwehrautos und Rettungswägen. Auch beim Wiederaufbau der Ukraine nach dem russischen Angriffskrieg könne Österreich helfen. Es sei außerdem wichtig, dass die Stimmung der österreichischen Bevölkerung gegenüber den ukrainischen Kriegsvertriebenen positiv bleibe, sagte der Botschafter. Etwa 60.000 Ukrainer seien in Österreich registriert.
 

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