Politiker gewann trotz Erotik-Video die Wahl
Der in einen Sex- und Korruptionsskandal verwickelte ungarische Bürgermeister Zsolt Borkai tritt von seinem Amt zurück. Das gab er in einem offenen Brief an die Bürger seiner Stadt Györ bekannt, wie die Nachrichtenagentur MTI am Mittwoch meldete. Der Rücktritt soll am Freitagnachmittag erfolgen.
Sex-Video veröffentlicht
Ein anonymer Internet-Blog hatte kurz vor der Kommunalwahl am 13. Oktober Fotos und Videos veröffentlicht, auf denen der Politiker der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz und ehemalige Olympiasieger im Turnen bei einer Orgie mit Prostituierten auf einer Luxusjacht vor Kroatien zu sehen war. Der Blog, dessen Urheber bis heute nicht bekannt sind, warf Borkai und seinem Umfeld zudem massive Korruption vor.
9 days until #Hungary'an local elections - Pics of Győr mayor Zsolt Borkai released online in the company of several prostitutes on a boat close to Dubrovnik. Borkai was the President of the Hungarian Olympic Committee (2010-2017) but lost PM Orbán's trust two years ago. pic.twitter.com/fXbOR977ZS
— Balazs Csekö (@balazscseko) 4. Oktober 2019
Der Skandal wurde für das vergleichsweise schlechte Abschneiden von Fidesz, der Partei von Regierungschef Viktor Orbán, bei den ungarischen Kommunalwahlen verantwortlich gemacht. Borkai, der seit 13 Jahren die prosperierende westungarische Industriestadt Györ regierte und als populär galt, wurde zwar wiedergewählt, jedoch vergleichsweise knapp. Unmittelbar nach der Wahl trat er aus Fidesz aus, nahm aber zunächst das Bürgermeisteramt an.
"Moralische Situation"
Nun erklärte er in dem Brief, er trete "mit Blick auf die moralische Situation" zurück, um den Weg für eine andere Person freizumachen, "die würdig ist, unsere geliebte Stadt zu führen". Gleichzeitig wies er die Korruptionsvorwürfe des Blogs erneut entschieden als "Lügen" zurück: "Ich habe nicht gestohlen und nicht betrogen." Die Beteiligung an der Sexorgie in Kroatien leugnete er nicht und entschuldigte sich dafür, betonte aber, er habe die Reise "auf eigene Kosten" unternommen.
Die ungarische Regierung zeigte sich am Mittwoch erleichtert über die Rückzugsankündigung. "Heureka!" (altgriechisch "Ich habe es gefunden!" - hier offenbar sinngemäß "Na endlich!"), antwortete Kanzleiminister Gergely Gulyas auf eine entsprechende Journalistenfrage bei einer Pressekonferenz in Budapest, wie das Internetportal "Index" berichtete. In Györ muss nach Angaben des Portals "24.hu" innerhalb von 120 Tagen nach dem Rücktritt eines Bürgermeisters eine Neuwahl stattfinden.