Von Brexit bis Hofer

Warum die Prognosen schon wieder falsch waren

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Hillary Clinton lag in allen Umfragen klar vorne - und verlor.

Das Phänomen ist nicht neu. Wir haben es zuletzt beim Brexit-Votum erlebt, vor einigen deutschen Landtagswahlen und jetzt auch bei der US-Präsidentschaftswahl: Populistische Parteien und Kandidaten, die rechte Ideen vertreten, schneiden in den Wählerumfragen oft deutlich schlechter ab als hinterher bei der Abstimmung.

Methode?

Die AfD wittert dahinter Methode. Sie behauptet, die Demoskopen seien schlicht nicht vertrauenswürdig. Und was sagen die Wissenschafter selbst?

Martin Kroh vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung weist darauf hin, dass das Ergebnis immer auch davon abhängt, wie gut es einer Partei oder einem Kandidaten gelingt, Menschen auf den letzten Metern zu mobilisieren, überhaupt zur Wahl zu gehen. Als Motivation kann da vielleicht auch ein Umfrageergebnis dienen, das den bevorzugten Kandidaten hinten sieht.

Nico Siegel, Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap, betont: "Vorwahlerhebungen sind Stimmungsbilder und keine Prognosen." Habe ein Kandidat in einer Umfrage einen Vorsprung von zwei Prozent, sei das Rennen noch völlig offen.

Zu den Schwierigkeiten, mit denen sich die Wissenschafter vor allem bei Umfrageteilnehmern mit Hang zu radikalen oder unpopulären Meinungen konfrontiert sehen, gehört die "soziale Erwünschtheit". Darunter verstehen Meinungsforscher, dass jemand bei einer Befragung etwas sagt, dann aber etwas anderes tut, weil er nicht offen zu seiner Ansicht stehen will. Britische Wahlforscher nennen dieses Phänomen, dass sich Rechte weniger gerne outen, den "Tory-shy-away-Effekt". Kroh hat festgestellt: "Menschen, die extreme Ansichten vertreten, tendieren manchmal dazu, sich in neutrale Antworten zu flüchten. Sie antworten dann zum Beispiel: "Ich bin mir nicht sicher.""

Fehlende Bereitschaft

Hinzu kommt: Menschen, die dem rechten Spektrum zuneigen, nehmen weniger gerne an Umfragen teil. Warum ist das so? Siegel sagt, Meinungsforscher würden von Anti-Establishment-Bewegungen wie der AfD oft mit der politischen Elite assoziiert. Deshalb sei zu vermuten, dass die Bereitschaft ihrer Anhänger zur Teilnahme an einer Umfrage etwas niedriger ist als in der Gesamtbevölkerung.

Um trotzdem valide Ergebnisse zu erhalten, feilt Infratest dimap an seinen Methoden. Um möglichst viel über Wähler aus dem rechten Spektrum zu erfahren, nutzt das Institut zusätzlich zu seinen telefonischen Erhebungen auch Online-Befragungen und persönlich-mündliche Erhebungen.

Bei den jüngsten deutschen Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin lagen die AfD-Ergebnisse der Umfragen schon deutlich näher am Wahlergebnis als bei den zurückliegenden Wahlen in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt.

Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen in Mannheim räumt im Gespräch mit der "Heilbronner Stimme" (Donnerstag) ein: "Wir haben das AfD-Problem bei den Landtagswahlen im März, etwa in Baden-Württemberg, noch unterschätzt, weil wir nicht mit solchen Dunkelziffern gerechnet haben. Das haben wir korrigiert und bei den letzten Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin richtig eingeschätzt".
 

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