Von Kiew nach Lwiw

USA verlegen Botschaftsgeschäfte in der Ukraine

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UN-Chef glaubt weiter an friedliche Lösung.

Kiew/Moskau/Washington. Die USA verlegen angesichts der extrem angespannten Lage im Ukraine-Konflikt ihre Botschaftsgeschäfte von der Hauptstadt Kiew in die Stadt Lwiw (Lemberg) nahe der Grenze zu Polen. Es handle sich um eine vorübergehende Vorsichtsmaßnahme, teilte das US-Außenministerium am Montag mit.

Vor dem Hintergrund von US-Warnungen vor einem möglichen Einmarsch russischer Truppen am 16. Februar hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj das Datum per Dekret zum Tag der Einheit erklärt. Die Ukrainer sollen an diesem Mittwoch im ganzen Land Flaggen hissen und um 10.00 Uhr Ortszeit (9.00 Uhr MEZ) die Hymne singen. "Zeigen wir der ganzen Welt unsere Einigkeit", sagte der 44-Jährige.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres glaubt einem Sprecher zufolge weiter daran, dass es keinen Konflikt geben wird. Dies basiere auf "seiner eigenen Analyse, seinen eigenen Hoffnungen". Die Vereinten Nationen hätten keine Pläne, weitere Mitarbeiter aus der Ukraine abzuziehen. Guterres habe mit den Außenministern von Russland und der Ukraine gesprochen und betont, dass es keine Alternative zu Diplomatie gebe.

USA erwägen Milliarden-Kreditgarantien

Die USA erwägen einem Insider zufolge, der Ukraine bis zu eine Milliarde Dollar an Kreditgarantien anzubieten. Dies solle die Märkte wegen eines etwaigen Ukraine-Kriegs beruhigen, habe der Sprecher des Außenministeriums, John Kirby, hochrangigen Kongressmitgliedern erklärt.

In der Mitteilung vom Montag rief US-Außenminister Antony Blinken amerikanische Staatsbürger in der Ukraine erneut zur Ausreise auf. "Wir fordern alle in der Ukraine verbliebenen US-Bürger dringend auf, das Land sofort zu verlassen." Blinken betonte, der einzige Grund für die Maßnahme, die Diplomaten nach Lwiw zu verlegen, sei die Sorge um die Sicherheit der Mitarbeiter. "Für mich gibt es keine höhere Priorität als die Sicherheit der Amerikaner auf der ganzen Welt, und das schließt natürlich auch unsere Kollegen ein."

Die US-Regierung warnt seit Wochen mit zunehmender Dramatik vor einer drohenden russischen Invasion der Ukraine. Kirby sagte am Montag im US-Sender CNN mit Blick auf einen möglichen russischen Angriff: "Ich denke, dass wir alle darauf vorbereitet sein müssen, dass es mit wenig oder gar keiner Vorwarnung geschehen könnte." Auf die Frage nach der Wahrscheinlichkeit einer Invasion antwortete Kirby mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin: "Ich denke, dass Herr Putin der Einzige ist, der die Antwort darauf kennt."

Weiter Truppen zusammengezogen

Putin habe über das Wochenende weiter Truppen im Grenzbereich zur Ukraine zusammengezogen, sagte Kirby. Die Zahl der russischen Soldaten liege inzwischen weit über 100 000. Putin verfügte zudem über "ein beeindruckendes Arsenal an militärischen Fähigkeiten", sollte er sich für einen Angriff entscheiden.

Kirby sagte weiter, die USA hätten weiterhin "eine kleine militärische Präsenz" im Land, die mit der fortdauernden Anwesenheit von US-Diplomaten zusammenhänge. Neben Sicherheitskräften des Außenministeriums werden zum Schutz von US-Botschaften weltweit Marineinfanteristen eingesetzt. Kirby betonte erneut: "Wir werden keine amerikanischen Truppen in die Ukraine schicken, um zu kämpfen." Russland müsse aber mit harten wirtschaftlichen Sanktionen rechnen. Die NATO stünde vereint in der Krise.

Einem Sprecher des US-Außenministeriums zufolge gibt es keinen Hinweis auf eine Deeskalation von russischer Seite. Die Einschätzung beruhe darauf, "was wir vor Ort mit eigenen Augen sehen". Dies sei ein fortgesetzter Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze. Die Aussagen des russischen Außenministers Sergej Lawrow habe man zur Kenntnis genommen. Lawrow hatte Hoffnungen auf eine Einigung mit dem Westen geäußert und sich für eine Fortsetzung der Verhandlungen ausgesprochen.

Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian zufolge steht alles für eine schnelle, groß angelegte russische Invasion der Ukraine bereit. "Ja, das ist wahr", sagt er dem Sender France 5. "Es ist möglich und das bald." Allerdings weise nichts darauf hin, dass der russische Präsident Wladimir Putin eine derartige Entscheidung getroffen habe. Für den Fall eines Einmarsches stehe Europa bereit, umfangreiche Sanktionen gegen Russland in Kraft zu setzen.

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