Amerika hat am sechsten Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 der fast 3.000 Todesopfer gedacht.
Zu dem Zeitpunkt, als die Attentäter um 8.46 Uhr (14.46 Uhr MESZ) das erste Flugzeug in einen Turm des World Trade Centers steuerten, verharrten die Angehörigen der Opfer schweigend. US-Präsident George W. Bush hielt eine Schweigeminute im Weißen Haus.
Zeremonie im Park
Die Zeremonie fand erstmals in einem kleinen
Park und nicht direkt am Ort der Anschläge statt, wo umfangreiche
Bauarbeiten für neue Hochhäuser angelaufen sind. Nach dem Protest von
Angehörigen wurde ihnen aber doch noch erlaubt, am ehemaligen World Trade
Center Blumen niederzulegen. Auch die Teilnahme der New Yorker
Präsidentschaftsanwärter Rudy Giuliani und Hillary Clinton an der
Namensverlesung der 2749 Opfer wurde von Hinterbliebenen als zu politisch
kritisiert. Giuliani versicherte, er verfolge mit seinem Auftritt keine
politischen Absichten.
Schweigeminute
Der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg
leitete die Schweigeminute mit einer Ansprache ein. Der 11. September 2001
sei "ein Tag, der unsere Geschichte und unsere Herzen zerrissen hat". "Wir
sind immer noch an eurer Seite", sagte Bloomberg mit Blick auf die Opfer.
Zugleich empfahl er den Hinterbliebenen und allen anderen Betroffenen des
11. Septembers, "den Blick nach vorn zu richten". Dagegen meinte der
Politikwissenschaftler Larry Sabato der Nachrichtenagentur Reuters, dass die
Erinnerung an einen Tag wie den 11. September 2001 "erst dann verblassen
wird, wenn jeder, der damals am Leben war, gestorben sein wird".
Opfernamen verlesen
Die Verlesung der Opfernamen wurde vier Mal
unterbrochen, um der Augenblicke zu gedenken, in denen die Flugzeuge in die
Türme krachten und die beiden Hochhäuser einstürzten. Der Liste wurde heuer
der Name von Felicia Dunn-Jones hinzugefügt, die wegen des durch den
Einsturz der Zwillingstürme freigesetzten giftigen Staub an Lungenkrebs
gestorben war. Am Abend sollten zwei Lichtsäulen an die eingestürzten Türme
erinnern.
Kranzniederlegung
Auf dem Rasen vor dem Weißen Haus gedachten
Bush und sein Stellvertreter Dick Cheney der Opfer. An der Gedenkstätte vor
dem Verteidigungsministerium in Washington legte Ressortchef Robert Gates
einen Kranz nieder. Dort waren 184 Menschen getötet worden, als die
Terroristen ein entführtes Flugzeug in das Gebäude lenkten. Auch nahe der
Ortschaft Shanksville in Pennsylvania war eine Gedenkfeier geplant. Dort
starben 40 Menschen, als Passagiere und Besatzungsmitglieder die Entführer
angriffen und das Flugzeug abstürzte. In Boston, wo die beiden nach New York
entführten Flugzeuge starteten, läuteten Kirchenglocken.
Neue bin Laden-Botschaft
Während die USA trauerten, pries
Al-Kaida-Chef Osama bin Laden in einer neuen Internet-Botschaft die 19
Attentäter als Helden. Er hob vor allem Waleed al-Shehri als einzigartigen
und herausragenden Menschen hervor. Die 47 Minuten lange Botschaft enthielt
keine bewegten Bilder. In dem Dokument, das die US-Geheimdienste für echt
halten, sind auch Bild- und Tonaufnahmen Al-Shehris enthalten. Er ist unter
anderem beim Verfassen seines Testaments zu sehen. Bin Laden hatte sich
bereits Ende vergangener Woche zum ersten Mal seit mehreren Jahren wieder
mit einer Video-Botschaft zu Wort gemeldet.
Al Kaida wieder stark genug
Sechs Jahre nach den Anschlägen ist
die Al Kaida nach Ansicht von US-Geheimdiensten wieder stark genug, um
weitere Attentate zu verüben. "Sie hat ein erhebliches Maß ihrer Fähigkeiten
zurückgewonnen", warnte US-Geheimdienstdirektor Michael McConnell. An Al
Kaida orientierten sich Extremisten-Gruppen und Sympathisanten, die zwar
nicht zu einem Anschlag im Umfang der US-Attentate imstande seien, trotzdem
aber Tod und Zerstörung bringen könnten. Die Bedrohung sei ernst zu nehmen.
Bub hat mitgehört
Kurz vor dem 11. September belauschte ein
5-jähriger Bub Männer in einer deutschen Moschee über die Terrorpläne. Die
Ermittlungen über den Terrroranschlag der Al-Kaida sind aber immer noch
nicht abgeschlossen. Immer wieder kommen neue Erkenntnisse und ebenso viele
neue Fragen ans Tageslicht. Brandaktuell sind neu aufgetauchte Hinweise aus
Deutschland. Es geht laut dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) um Islamisten in
Nordrhein-Westfalen. Diese sollen von den Plänen zu den Todesflügen gewusst
haben. Schlimmer noch: Ein 5-jähriger arabischstämmiger Bub soll in einer
Moschee Männer belauscht haben, die zwei Tage vor den Attentaten über ein
Flugzeug sprachen, das "in ein Haus fliegen würde. Dabei werde es viele
Tote geben."
Belastendes Material gegen Vater
Der Bub habe sein Wissen am 10.
September seiner Kindergärtnerin anvertraut. Diese tat die Erzählung als
Kinderfantasie ab. Nach dem 11. September alarmierte sie aber die Polizei.
Die Polizei nahm das Umfeld des Buben ins Visier und fand belastendes
Material gegen dessen Vater. Sie fanden drei Visitenkarten des Vaters in den
verlassenen Wohnungen der Attentäter um Mohammed Atta. Laut dem Sender gilt
die Moschee als Treffpunkt radikaler Islamisten. Aus einem internen Bericht
gehe hervor, dass die Polizei einige Männer, die der Bub zufällig belauscht
hatte, identifizieren konnte. Er handelt sich also tatsächlich um Mitwisser
des Terror-Anschlags in den USA.
Ermittlungspanne
Allerdings wurde die Kindergärtnerin, erst ein
Jahr nach den Anschlägen vernommen, der Vater erst im Jahr 2005. Wohl zu
spät, um noch heiße Spuren zu finden.