Michael Schumacher, Phil Collins oder Sophia Loren: Promis ziehen aus Steuergründen in die Schweiz. Darüber ist nun eine Debatte entbrannt.
Michael Schuhmacher hat es bereits getan, Sophia Loren, Phil Collins und der Ikea-Gründer Ingvar Kamprad auch; Frankreichs Mega-Rockstar Johnny Hallyday ist gerade dabei es zu tun, und der britische Sänger James Blunt ist auf dem Sprung: Sie alle haben oder suchen ein Domizil in der Schweiz, um von den großzügigen Steuernachlässen für reiche Ausländer dort zu profitieren.
Debatte entbrannt
Das sorgt für Ärger mit den Nachbarn. Aber auch
im eigenen Land ist eine Debatte darüber entbrannt, warum betuchte Ausländer
besser wegkommen als die Eid-Genossen selbst. Das könnte sich ändern: Die
Finanzbehörden suchen derzeit nach Wegen, wie sie den ausländischen
Mitbewohnern tiefer ins wohlgefüllte Portemonnaie greifen können - ohne sie
gleich ganz zu vertreiben.
Reiche Ausländer müssen nur eine Pauschalsteuer zahlen, wenn sie in der Schweiz wohnen, dort aber kein Einkommen beziehen. Als Bemessungsgrundlage gelten ihre Ausgaben in der Schweiz. Für die 26 Kantone ist das ein einträgliches Geschäft - für die Superreichen nur ein Trinkgeld. Rund 260 Mio. Schweizer Franken (161 Mio. Euro) flossen nach Informationen der Schweizer Nachrichtenagentur SDA 2004 in die Kantonssäckel - für die Betroffenen waren das durchschnittlich jeweils 75.000 Franken jährlich. Etwa 3.600 Ausländer haben laut SDA bereits ihr Domizil im Steuerparadies.
Rockstar Halliday trat Lawine los
Als der französische Rockstar
Johnny Halliday im Dezember ankündigte, er wolle aus Steuergründen in die
Schweiz ziehen, trat er damit eine Lawine los. Der Streit um das benachbarte
Steuerparadies wurde rasch zum Wahlkampfthema in Frankreich; der Sprecher
der sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Segolene Royal warf dem
Nachbarland "raubtierhafte Praktiken" vor; der Berater des konservativen
Bewerbers Nicolas Sarkozy nannte diese dagegen "nicht ungeschickt": Die
Politik trüge zum Wohlstand des Landes bei.
Kritik kam auch aus anderen EU-Staaten. Aus der deutschen Vertretung in Bern verlautete laut "Wiener Kurier", die helvetischen Steuerrabatte für Ausländer seien "inakzeptabel". Die EU-Staaten seien wie Badewannen, in welche die Schweiz Löcher bohre, um Wasser abzusaugen.
Steuerprivilegien für Ausländer "ungerecht"
Schnell
erregte die von Halliday losgetretene Debatte auch die Gemüter in der
Schweiz selbst. Wirtschaftsministerin Doris Leuthard bezeichnete die
Steuerprivilegien für reiche Ausländer als "ungerecht". Im Fernsehen wies
sie darauf hin, dass der Schweizer Tennisprofi Roger Federer zehn Mal mehr
Steuern zahlen müsse als Halliday. Finanzminister Hans-Rudolf Merz dagegen
verteidigte die Praxis. Würde der Sonderstatus abgeschafft, würde ein großer
Teil der Betroffenen die Schweiz verlassen oder gar nicht erst
hierherkommen, sagte er der "SonntagsZeitung". Dass eine Mehrheit der
Eidgenossen den Sonderstatus für ungerecht halte, nehme er ernst, doch halte
er dies eher für ein "Kommunikationsproblem".
Kantone uneins
Auch die Kantone sind untereinander uneins. Der
Kanton Waadt, in dem fast ein Drittel der reichen Ausländer lebt, würde
alles am liebsten beim Alten belassen. Nachbar Genf, der bereits höhere
Steuern eintreibt und deshalb die "billigere" Konkurrenz fürchtet, fordert
eine deutliche Erhöhung. Ein Kompromissvorschlag, über den die Kantone
vergangene Woche befinden sollten, sieht eine Vereinheitlichung und
gleichzeitige Verdoppelung des Pauschalbetrags vor. Die Entscheidung wurde
allerdings vertagt - vor einer Empfehlung wollen sich die Finanzdirektoren
der Kantone nun erst einen Überblick verschaffen über die verschiedenen
Regelungen.
Wie Finanzminister Merz warnt auch Steuerexperte Philippe Kernel vor einem zu tiefen Griff in die Portemonnaies der reichen Exilanten. Diese kämen nur in die Schweiz, weil sie "steuerlich am attraktivsten ist", sagt er, "erst dann kommen persönliche Erwägungen". Ohne den steuerlichen Vorteil wäre die Schweiz für viele "zu wenig aufregend". Dann lockten andere Steuerparadiese wie Großbritannien, Belgien, Irland oder Monaco.