Svetlana bekam vor laufender Kameras einen Heiratsantrag von ihrem gewalttätigen Ex-Freund. Vier Tage später wurde sie tot aufgefunden.
Der Heiratsantrag ihres gewalttätigen Freunde während einer spansichen Talkshow wurde der Russind Svetlana Orlova Mitte November zum Verhängnis geworden. Einige Tage später wurde sie tot aufgefunden. Dies berichtete dies berichtete "Spiegel Online" am Montag.
Emotion und Überraschung
Bei der täglichen Talkshow "El Diario de Patricia" ("Patrizias Tagebuch") wird den Zuschauern Überraschung und Emotion versprochen. Tatsächlich hatte die geladene Russin Svetlana Orlowa eine sehr emotionale Überraschung. Plötzlich kam ihr Ex-Freund Ricardo zu ihr und hielt knieend um ihre Hand an. Der 30-Jährigen stockte der Atem.
"Du bist alles für mich", sagte der schwarzgelockte Ricardo unter Tränen, während der Sender per eingeblendetem Spruchband fragte: "Wird sie ihm eine zweite Chance geben?"
"Nein" zu gewalttätigem Freund
Swetlana Orlowa wies den Antrag ab - aus gutem Grund. Erst sechs Wochen zuvor hatte sie sich von dem gelernten Fleischer getrennt, weil er sie schwer misshandelt und bedroht hatte. Ob sie ihre Meinung nicht ändern wolle, fragte Moderatorin Patricia. "Nein!", antwortete die Frau bestimmt.
Mit durchgeschnittener Kehle aufgefunden
Vier Jahre waren Ricardo Antonio N. und Swetlana Orlowa ein Paar gewesen. Nur vier Tage nach dem unfreiwilligen Wiedersehen im Fernsehen fand man Swetlana mit durchschnittener Kehle im Eingang ihres Hauses in Alicante. Sie erlag am 19. November in einem Krankenhaus ihren schweren Verletzungen. Die Frau hinterlässt einen kleinen Sohn aus einer anderen Beziehung. Die Polizei nahm Ricardo N. wegen Mordverdachts fest. Sein Anwalt Jorge Ramón erklärte, sein Klient weise die Anklage zurück.
"Weder Ethik noch Moral" bei der Show
Als "verantwortungslos" bezeichnete die Frauenschutzbeauftragte der spanischen Regierung, Encarnación Orozco, nach dem Vorfall die Macher der Show: "Sie haben einem Gewalttäter die Chance gegeben, sein Opfer erneut zu erniedrigen." Eine solche Sendung habe "weder Ethik noch Moral", kritisierte auch Sonderstaatsanwältin María Soledad Cazorla. Gerichtsmediziner und Psychologen bestätigen, dass Gewalttäter, die von einer Frau öffentlich abgewiesen werden, dies als Demütigung empfinden und besonders aggressiv reagieren können.
Neben harscher Kritik gegen jede Form reißerischer Reality-Shows forderten Zuschauer-Verbände, "El Diario de Patricia" ganz abzusetzen.
Entsetzen aber keine Schuld
Der Direktor der zuständigen Produktionsfirma, Baldomero Limón, sagte "Times Online" zufolge, man sei "entsetzt" über den Vorfall, weise aber jede Verantwortung am Tod der Frau von sich. Auch die Produzenten der Show seien von Ricardo N. getäuscht worden: "Es gab keine Hinweise darauf, dass eine Tragödie wie diese geschehen könnte", so Limón. Die 30-Jährige sei außerdem ausdrücklich gefragt worden, ob es jemand gebe, auf den sie nicht treffen wolle. Dies habe sie verneint.
Ex-Freund bereits oft gewalttätig
Dem britischen "Guardian" zufolge war N. in der Vergangenheit bereits wegen häuslicher Gewalt gegen Orlowa und eine weitere Partnerin vor Gericht belangt worden. Am 31. Oktober sei er zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Eine gerichtliche Verfügung, wonach er den Kontakt zu Orlowa hätte abbrechen müssen, sei nicht in Kraft getreten, weil sie ihm nicht zugestellt werden konnte, heißt es.
Zundehmende Gewalt gegen Frauen
Auch die landesweite Diskussion um zunehmende Gewalt gegen Frauen entzündet sich an dem aktuellen Fall. Allein in diesem Jahr wurden in Spanien 74 Frauen von ihren Ehemännern, Lebenspartnern oder Ex-Freunden getötet. Das sind sechs Opfer mehr als im Vorjahr. Und das, obwohl die Regierung bereits ein Gesetz zum Schutz der Frauen verabschiedet hat. Auch Medienkampagnen in Hörfunk und Fernsehen scheinen wenig Erfolg zu haben.
Der Vorsitzende des Obersten Gerichts in Valencia, Juan Luís de la Rua, sagte: "Die Konsequenzen für solche Sendungen müssen noch ausgewertet werden. Diese Shows sind oft ein Mittel, um eine ohnehin aufgeheizte Situation zur Eskalation zu bringen."
Häusliche Gewalt dürfe kein "Spektakel sein"
María Teresa Fernández de la Vega, erste Vizepräsidentin der Regierung, erklärte, häusliche Gewalt dürfe "kein Spektakel sein". Sie bestätigte laut "La Semana", dass man sich mit Vertretern des "Uteca", des spanischen Verbandes der privaten Fernsehsender treffen werde. Gemeinsam solle nach Wegen gesucht werden, wie man mit häuslicher Gewalt im Fernsehen umgehen könne. Auch Vertreter des TV-Senders Antena 3 würden an dem Treffen teilnehmen, hieß es.