Frankreich

Jungfräulichkeits-Affäre sorgt weiter für Wirbel

Teilen

Sowohl die betroffene Frau, als auch Vertreter aller politischen Lager zeigen sich schockiert nach dem Urteil in der Jungfräulichkeits-Affäre.

Die gerichtliche Annullierung einer Ehe wegen der vorgetäuschten Jungfräulichkeit der Braut sorgt in Frankreich weiter für Wirbel und Aufregung. Nachdem Justizministerin Rachida Dati vor drei Tagen ein Berufungsverfahren gegen die Gerichtsentscheidung vom April angeordnet hatte, zeigt sich die betroffene Frau schockiert. "Dass man das Verfahren gegen meinen Willen wieder aufrollt, macht mich wütend", sagte sie am Freitag dem linksunabhängigen Pariser Nachrichtenmagazin "Le Nouvel Observateur".

Große Empörung
Die Affäre hält die Franzosen seit Tagen in Atem. 73 Prozent halten laut Umfragen die Tatsache, dass ein Gericht eine Eheschließung wegen einer Lüge über die Unberührtheit der Braut für nichtig erklärt hat, für verheerend. "Die Empörung wird von allen politischen Lagern geteilt", sagte der Chef des Meinungsforschungsinstituts OpinionWay, Bruno Jeanbart, am Freitag der konservativen Tageszeitung "Le Figaro".

Die Ehe zwischen den beiden Muslimen war 2006 geschlossen worden. Sie war nicht arrangiert, wurde aber von den beiden Familien unterstützt. Die Braut hatte ihrem Verlobten gesagt, sie sei unberührt. Als sie in der Hochzeitsnacht gestand, sie habe bereits mit einem Mann Geschlechtsverkehr gehabt, forderte der düpierte Gatte noch am nächsten Tag die Annullierung. Das Gericht in der nördlichen Industriemetropole Lille gab ihm nach zweijährigem Verfahren Recht, weil die Frau über eine "wesentliche Eigenschaft" - ihre Jungfräulichkeit - die Unwahrheit gesagt habe.

Französische "Mullahs"
Das Urteil hätte von "Mullahs im Iran" stammen können, erklärte die iranische Schriftstellerin Chahdortt Djavann. Über eine "Fatwa gegen die Emanzipation und Freiheit der Frauen" erregte sich Staatssekretärin Fadela Amara. Justizministerin Dati hatte zunächst Verständnis für das Urteil gezeigt, weil es im Sinne der Frau gewesen sei, die Ehe hinter sich zu lassen und wieder "bei Null anzufangen". Nach heftiger öffentlicher Kritik machte sie eine Kehrtwende und ordnete die Revision an. Noch im Juni wird sich nun ein Gericht im nordfranzösischen Douai abermals mit dem Fall befassen. Die falsche Jungfrau ist darüber verzweifelt. "Alle sprechen über mich, das ist sehr schwierig", sagte sie dem "Nouvel Observateur". "Ich bin nicht der Führer einer Bewegung, ich fordere nichts." Durch das erste Verfahren habe sie schon genug gelitten.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.