Amoklauf

Streit um brutale Computerspiele entflammt

Teilen

Nach dem brutalen Amoklauf schalten sich immer mehr deutsche Politiker ein, die ein schärferes Gesetz gegen Gewalt-Videos und -Spiele fordern.

„Killerspiele gehören in Deutschland verboten“, erklärte gestern etwa Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber. Viele Spiele sind in Deutschland allerdings jetzt schon verboten. Dazu gibt es die Unterhaltungssoftware SelbstKontrolle (USK) in Deutschland.

Counter-Strike inspirierte auch Täter von Erfurt
Zu den Lieblingsspielen von Bastian B. zählten „Doom 3“ (ab 18 Jahren) sowie „Counterstrike“ (ab 16). Inhalt: gezieltes Töten durch Kopfschüsse. Letztgenanntes Spiel stand bereits seit April 2002, nach dem Amoklauf von Robert Steinhäuser in Erfurt, in der Kritik, wurde aber dennoch nie verboten. Steinhäuser tötete damals 16 Menschen und sich selbst.

Die Kommunikationswissenschafterin Margit Böck (Universität Salzburg) gibt gegenüber ÖSTERREICH zu bedenken: „Das Computerspiel ist zwar ein Mosaikstein, der Auslöser für Gewalt sein kann, aber nie allein verantwortlich.“

„Gears of War“: Eine Blutorgie
Es ist das derzeit brutalste Spiel auf dem Markt: „Gears of War“. In Deutschland brachte die Herstellerfirma Microsoft das Spiel gar nicht auf den Markt. In Österreich hingegen darf eifrig virtuell getötet werden. „Gears of War“ ist seit 17. November erhältlich und erst ab 18 Jahren freigegeben. Dramatisch: Schon jetzt, nur fünf Tage nach Verkaufsstart, hat „Gears of War“ Platz 1 der Video-Verkaufscharts in Österreich erobert. Inhalt des Brutalo-Spiels: Es fließt jede Menge Alien-Blut: Granaten, Maschinengewehre, Kettensägen kommen beim Kampf der Menschheit gegen Außerirdische zum Einsatz.

ÖSTERREICH-Test: Spiel schwer zu kriegen
Der ÖSTERREICH-Test. Gestern Nachmittag versuchten die Geschwister Alex (9 Jahre) und Boris (16) „Gears of War“ im Auftrag von ÖSTERREICH zu kaufen.

Probekauf. Erste Station: ein Elektromarkt. Alex freute sich, das Spiel lag im Regal. An der Kassa kam die erste Enttäuschung: „Gears of War ist ab 18.“ Jetzt war sein großer Bruder an der Reihe. Für seine 16 Jahre sieht er alt aus: „Das wird funktionieren.“ Doch auch in diesem Fall blieb die Dame an der Kassa hart: „Ausweis bitte!“

Fazit des Nachmittags: Fünf Geschäfte in vier verschiedenen Bezirken Wiens wurden getestet. In keinem hätten die zwei Brüder das Spiel bekommen.

Kein gesetzliches Verbot von Gewalt-Games
Kein Verbot. In Österreich gibt es kein gesetzliches Verbot, sondern lediglich Empfehlungen, welche Videospiele für Jugendliche geeignet sind. Jugendministerin Ursula Haubner denkt auch gar nicht daran etwas zu ändern. „Das Verbotene reizt nur“, heißt es aus ihrem Ministerium gegenüber ÖSTERREICH.

Man gehe einen „positiven Ansatz“: Seit 2005 bietet www.bupp.at (Bundesstelle für die Positivprädikatisierung) Informationen über empfehlenswerte Computerspiele.

„Wir wollen eine Entscheidungshilfe bieten, ohne erhobenen Zeigefinger.“ Das soll sich auch nach dem deutschen Amoklauf nicht ändern. Argument: Eine Verbotsliste wäre ein willkommener Einkaufsführer für Jugendliche.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.