Die Angeklagten im Guantánamo-Prozess dürfen sich selbst verteidigen, da sie keine Amerikaner als Anwälte akzeptieren.
Der mutmaßliche Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 sowie zwei weitere Mitangeklagte dürfen sich bei einem Prozess im US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba selbst verteidigen. Zugleich sagte der 44-jährige Hauptangeklagte Khalid Sheikh Mohammed zum Abschluss des ersten Prozesstages des US-Sondermilitärgerichts am Donnerstag (Ortszeit) zu, mit dafür zu sorgen, dass keine sicherheitsrelevanten Geheiminformationen an die Öffentlichkeit gelangen. "Eine bizarre Wendung", kommentierte ein Prozessbeobachter der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
Selbst Todesstrafe gefordert
Neben dem Hauptangeklagten Scheich
Mohammed verlangte auch der Mitangeklagte Ramzi Binalshibh von dem Gericht
die Todesstrafe, um als "Märtyrer" zu sterben. Binalshibh soll als Mitglied
der "Hamburger Zelle" mit einem der späteren Attentäter des 11. September
konspiriert haben. "Ich warte schon seit langem darauf, zum Märtyrer zu
werden", sagte der Hauptangeklagte. Er könne "aus religiösen Gründen" keine
Amerikaner als Anwälte akzeptieren. Das Gerichte hatte ihm und seinen vier
Mitangeklagten zunächst Militäranwälte zur Seite gestellt. Neben Scheich
Mohammed und Binalshibh sind drei weitere mutmaßliche Mitverschwörer
angeklagt, denen ebenfalls die Todesstrafe droht.
Scheich Mohammed sagte, er werde das Gericht im Voraus darauf hinweisen, wenn er während des Prozesses über Geheiminformationen, die Sicherheit der USA betreffen, sprechen wolle. Das Militärgericht kann in einem solchen Fall die Medien vom Prozess ausschließen sowie die Video-Übertragung in einen Presseraum unterbrechen. Es ist einer der besonderen Bedingungen des Sondergerichts, dass nicht alle Aussagen und Beweise öffentlich verhandelt werden müssen.
Verhandlungen im September
Das Verfahren in Guantánamo ist der
wichtigste Prozess seit den Terrorattacken, bei denen in New York und
Washington fast 3.000 Menschen getötet wurden. Scheich Mohammed gilt den
US-Ermittlern als "Gehirn" der Attentatsserie. Die Sondergerichte,
sogenannte Militärkommissionen, wurden eigens für Verfahren gegen
mutmaßliche Terroristen und Guantánamo-Häftlinge geschaffen. Da die
Angeklagten weniger Rechte als in normalen Militär- oder Zivilverfahren
haben, betrachten viele westliche US-Verbündeten die Verfahren als
fragwürdig.
Die eigentlichen Verhandlungen sollen vermutlich erst im September beginnen. Am Donnerstag wurden zunächst nur Verfahrensfragen geklärt. Alle fünf Angeklagten erschienen in weißen, arabischen Gewändern vor Gericht. Einer der fünf trug Fesseln. Nach längerer Beratung entschied Militärrichter Ralph Kohlmann, dass Scheich Mohammed sowie zwei weitere Angeklagte sich selbst verteidigen dürfen. "Ich brauche auch keinen Übersetzer", sagte der Hauptangeklagte, der früher als "Nummer drei" des Terrornetzwerks Al Kaida galt. Insgesamt geht es nach Angaben des Pentagons um 169 Vorwürfe, unter anderem um Verschwörung, Mord und Flugzeugentführung.
Nach Angaben es Pentagons, das den rechtsstaatlichen Charakter des Verfahrens betont, gibt es auch die Möglichkeit der Berufung, bis hin zum Obersten US-Gericht. Einer Todesstrafe müssten alle zwölf Mitglieder des Sondergerichts zustimmen.