Bei den fremdenfeindlichen Übergriffe in Südafrika ist nun das Heer im Einsatz und musste bereits einen Menschen erschießen.
Südafrikanische Soldaten haben bei einem Einsatz gegen fremdenfeindliche Gewalt in einem Elendsviertel in Johannesburg einen Mann erschossen. Wie ein Armeesprecher am Samstag weiter mitteilte, ereignete sich der Vorfall am Freitagabend im Osten der südafrikanischen Großstadt. Die Soldaten seien dort zur Unterstützung einer Polizeioperation gegen gewalttätige Übergriffe auf ausländische Migranten im Einsatz gewesen.
Bei der fremdenfeindlichen Gewalt hat es in den vergangenen Tagen mehr als 40 Tote gegeben. Rund 16.000 Menschen wurden vertrieben. Es gab mehr als 500 Festnahmen.
Gewalt erreicht Kapstadt
Nach der jüngsten Welle
fremdenfeindlicher Gewalt in Südafrika sind mehr als 10.000 Mosambikaner aus
der Republik am Kap geflohen. Die Menschen seien in von der Regierung
bereitgestellten Bussen nach Hause zurückgekehrt, teilte die
Einwanderungsbehörde Mosambiks am Donnerstag mit. Man rechne damit, dass die
Zahl der Heimkehrer noch steigen werde, solange die Gewalt in Südafrika
anhalte. Unterdessen landeten in einem Elendsviertel Johannesburgs
Hubschrauber der Luftwaffe, um die Polizei zu unterstützen.
Mbeki stimmt Militäreinsatz zu
Präsident Thabo Mbeki hatte
dem Militäreinsatz zugestimmt und damit gleichzeitig den Ernst der Lage
unterstrichen. Es ist das erste Mal seit dem Ende der Apartheid vor 14
Jahren, dass das Militär zur Wiederherstellung der inneren Sicherheit
herangezogen wird. Bei den seit mehr als einer Woche andauernden
fremdenfeindlichen Angriffen hat es mindestens 42 Tote gegeben. Wenigstens
15.000 Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben. Viele der verfolgten
Ausländer - allen voran Flüchtlinge aus Simbabwe, Mosambik und Malawi -
haben in Notunterkünften Schutz gesucht. Die Südafrikaner in den
Elendsvierteln werfen den Einwanderern vor, ihnen Arbeit und Wohnraum
wegzunehmen.
Ausschreitungen auch in Kapstadt
Die Gewalt hat nun auch die
zweitgrößte Stadt Südafrikas erreicht. Im Vorort Milnerton der
Tourismusmetropole Kapstadt plünderten Jugendliche nach Angaben der Polizei
vom Freitag Geschäfte somalischer und simbabwesicher Händler an. Dabei
fielen auch Schüsse. Polizisten eskortierten die Somalier aus der
Gefahrenzone. Auch in der Stadt Knysna an der Südwestküste wurden somalische
Läden leergeräumt.
"Wir kennen die exakte Zahl der geplünderten und niedergebrannten Geschäfte nicht, aber es waren viele", sagte der Polizeichef der Westkap-Provinz, Billy Jones. Ein Somalier sei gestorben, aber ob der Tod mit den Attacken in Verbindung stehe, sei ungeklärt.
Übergriffe gegen Ladenbesitzer aus Mosambik und Somalia
Nach
Polizeiangaben wurden auch in Fochville in der Nordwest-Provinz mindestens
drei Ausländer durch Messerstiche schwer verletzt, als ein wütender Mob
Geschäfte plünderte und Autos in Brand setzte. Mehr als 100 Menschen hätten
sich in eine Polizeistation gerettet. Auch in Brits gingen Übergriffe gegen
Ladenbesitzer aus Mosambik und Somalia weiter. In einem Township nahe dem
Ort Schweizer Reneke wurde ein Mann durch Messerstiche verletzt und eine
Südafrikanerin angegriffen, weil sie für einen Ausländer arbeitete.
Am Vorabend hatte die Polizei in der Hafenstadt Durban über einen Malawier berichtet, der durch Schüsse schwer verletzt wurde. Hunderte afrikanische Zuwanderer flohen dort aus Angst vor Übergriffen in eine nahe Polizeiwache, teilte Polizeisprecherin Phindile Radebe mit. Sie erklärte jedoch, in den meisten Fällen sei ein fremdenfeindlicher Hintergrund nicht unbedingt sicher, obwohl sich die Tätlichkeiten, Brandstiftungen und Überfälle gegen Ausländer gerichtet hätten. Der Chef des südafrikanischen Geheimdienstes vermutet unbekannte dunkle Mächte aus dem In- und Ausland im Vorfeld der Wahl 2009 hinter der Gewalt.
Ausbruch in Johannesburg
Nach offiziellen Angaben kamen bei der
Gewaltwelle, die vor knapp zwei Wochen in den Townships um Johannesburg
ausbrach, bisher 43 Menschen ums Leben. Hunderte wurden verletzt, ungefähr
30.000 vertrieben, es gab mehr als 500 Festnahmen. Ausgebrochen ist die
Gewalt vor dem Hintergrund zunehmender Engpässe bei der Stromversorgung und
wachsender Unzufriedenheit mit der wirtschaftsfreundlichen Politik von
Präsident Thabo Mbeki. Auch steigende Lebensmittel- und Treibstoffpreise
verstärkten die Spannungen zwischen armen Südafrikanern und Immigranten aus
den Nachbarländern.
In der Tourismusindustrie, die mit einem Anteil von acht Prozent am Bruttoinlandsprodukt einen Eckpfeiler der südafrikanischen Wirtschaft darstellt, nimmt die Sorge zu, dass es zu beträchtlichen Einbußen kommt. Einige westliche Regierungen haben bereits Reisewarnungen für Südafrika ausgesprochen. Das Land ist Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft 2010.