Die "Bank des Südens" will Programme gegen Armut finanzieren. Ihre Gründung ist die Konsequenz aus der Kritik an IWF und Weltbank.
Sieben lateinamerikanische Staaten haben eine gemeinsame Entwicklungsbank gegründet, um eine von den USA unabhängige Kreditquelle für die Region zu schaffen. Die Präsidenten unterzeichneten am Sonntag in Buenos Aires die Gründungsurkunde der neuen Bank des Südens (Banco del Sur). Das Institut mit Sitz in Caracas soll ein Startkapital von fünf bis sieben Milliarden Dollar (3,41 Mrd. bis 4,78 Mrd. Euro) erhalten, größte Geldgeber sind voraussichtlich Brasilien und Venezuela.
Entwicklungskredite mit lockeren Auflagen
Die Bank soll
lateinamerikanischen Ländern Entwicklungskredite vergeben, ohne diese mit
strengen wirtschaftspolitischen Auflagen zu verknüpfen. Diese gehören zur
üblichen Kreditvergabepraxis der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds
(IWF) und der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IADB). Dem Aufsichtsrat
der neuen Bank gehören die Finanzminister der Gründerstaaten Argentinien,
Bolivien, Brasilien, Ecuador, Paraguay, Uruguay und Venezuela an. Als
Beispiele für Projekte, die mit den Mitteln der Südbank finanziert werden
sollen, wurden Straßenbau und Programme gegen die Armut genannt. Die
Kreditbedingungen sollen nach Angaben venezolanischer Regierungsbeamter mit
denen anderer internationaler Geldgeber vergleichbar sein. Die ersten Gelder
sollen schon in der ersten Hälfte des kommenden Jahres fließen.
"IWF brachte Hunger, Unglück Armut und Gewalt"
"Vor
nicht langer Zeit hat ein allgemeiner Chor das Loblied des Neoliberalismus
gesungen", sagte der venezolanische Präsident Hugo Chavez, der die
Kreditpraxis von IWF und Weltbank wiederholt scharf kritisiert hat. "Aber
jetzt hören wir die großartige Stimme unserer Nationen." Chavez, auf dessen
Initiative die neue Bank zurückgeht, bezeichnete den IWF als "Fluch" für die
Region, der den Völkern Südamerikas nicht als "Hunger, Unglück, Armut und
Gewalt" gebracht habe.
"Traum der südamerikanischen Integration"
"Wir
machen einen entscheidenden Schritt zur Verwirklichung des Traums der
südamerikanischen Völker zur Integration", sagte der brasilianische
Präsident Luiz Inacio Lula da Silva. Der scheidende argentinische Präsident
Nestor Kirchner, der die Gründungszeremonie leitete, hob hervor, dass die
Länder der Region "mit Solidarität die neoliberale Politik" der
internationalen Kreditinstitute überwunden hätten. Kirchner übergibt am
(heutigen) Montag sein Amt an seinen Frau Cristina Fernandez de Kirchner.
Gipfeltreffen in Buenos Aires
Mit Ausnahme Uruguays, das mit
Argentinien wegen des Baus einer Zellulosefabrik am Fluss Uruguay im Clinch
liegt, hatten alle Gründungsmitglieder der Bank ihre Präsidenten nach Buenos
Aires geschickt. Bis auf Paraguay haben alle Vertragsstaaten der neuen Bank
linksgerichtete Regierungen. Chile, Kolumbien und Peru wollen der
Institution vorerst nicht beitreten.
Keine Konkurrenz zur Weltbank
Der Chefvolkswirt der Weltbank für
Lateinamerika, Augusto de la Torre, hat die Bank des Südens als eine sehr
interessante Initiative bezeichnet, die den Wunsch nach verstärkter
regionaler Zusammenarbeit zum Ausdruck bringe. "Soweit die Weltbank
betroffen ist, wird diese neue Initiative nicht als Konkurrent betrachtet."
Der IWF-Experte Paul Blustein von der Brookings Institution in Washington
sagte, die neue Bank sei Ausdruck der Enttäuschung über die
Weltfinanzorganisationen. Der IWF und die Weltbank verfügten aber über
jahrzehntelanges Know-how, das dem neuen Institut noch fehle. "Ich bin nicht
so sicher, ob dieses Institut erfolgreicher sein wird", sagte Blustein.