Merkel dagegen

CDU will Deutsch im Grundgesetz verankern

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Der Parteitag der CDU in Stuttgart birgt Sprengstoff: CDU-Chefin Merkel ist gegen den Beschluss, die deutsche Sprache in der Verfassung zu verankern.

Die CDU will Deutsch als Landessprache im Grundgesetz verankern. Der Bundesparteitag in Stuttgart forderte am Dienstag gegen den Willen von Kanzlerin Angela Merkel einen Zusatz im Artikel 22 mit der Formulierung: "Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch." Der Plan stieß auf scharfe Kritik bei den Grünen und der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Aber auch die Koalitionspartner CSU und SPD äußerten sich skeptisch.

Merkel dagegen
CDU-Chefin Merkel sagte im RTL-Interview zu dem Beschluss: "Ich war dagegen heute." Sie finde es nicht gut, alles ins Grundgesetz zu schreiben. Es gebe nun Anträge auf Aufnahme der Kultur, Sport, Familien und der deutschen Sprache als Staatsziele in die Verfassung. "Wir müssen aufpassen, dass das jetzt nicht inflationiert", sagte sie.

Kritik quer durch alle Parteien
CSU-Generalsekretär Karl Theodor zu Guttenberg lehnte den Vorstoß ebenfalls ab. "Was wäre das für ein Armutszeugnis für die Gesellschaft, wenn sie das nötig hätte", sagte er der "Welt" (Mittwochausgabe). Die Gesellschaft müsse auch so die Kraft aufbringen, ihre Sprache zu schützen.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte dem Blatt: "Das ist überflüssig. Die Amtssprache ist Deutsch. Ansonsten werden bei uns viele Sprachen gesprochen." Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, sagte: "Sich im Grundgesetz zur deutschen Sprache zu bekennen, ist blanker Unsinn. Das ist eine typische Showgeschichte eines Parteitages."

Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, kritisierte den Beschluss als "fragwürdige Bekenntnisrhetorik". Bei den wirklich wichtigen Fragen, wie der Finanz- und Wirtschaftskrise, "eiern sie nur verdruckst herum und finden keine klare Linie". Auch schlüssige Antworten auf die Bildungsmisere in Deutschland bleibe die CDU schuldig.

Türkische Gemeinde übt Kritik
Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, erklärte: "Es ist schwierig nachzuvollziehen, warum auf einmal die Notwendigkeit gesehen wird, die deutsche Sprache ins Grundgesetz aufzunehmen." Dass die Amtssprache in der Bundesrepublik Deutsch ist, werde von niemanden in Zweifel gezogen. Festgeschrieben sei dies unter anderem im Verwaltungsverfahrensgesetz, der Abgabenordnung sowie im Sozialgesetzbuch.

Kolat erklärte: "Erneut bedienen einige Politiker in der CDU vorhandene Ängste und Klischees gegenüber Migrantinnen und Migranten." Die Formulierung lasse befürchten, "dass andere Sprachen als die deutsche Sprache verboten werden könnten, was in einigen Schulen in der Bundesrepublik bereits beschlossen wurde". Die Türkische Gemeinde verstehe dieses Vorhaben als "Assimilierungsdruck". Dies sei mit demokratischen Gepflogenheiten nicht vereinbar.

Die CDU-Delegierten stellten sich mit ihrem Votum nach einer Intervention des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller ausdrücklich gegen den Vorschlag von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Dieser hatte angeregt, den Antrag an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu überweisen.

Steuerstreit
Der Abschluss des CDU-Parteitages war am Dienstag vom Steuerstreit mit der Schwesterpartei überschattet worden. Die CSU kritisierte die in Stuttgart gefassten Beschlüsse zur Steuerpolitik am Dienstag scharf und forderte erneut schnelle Entlastungen der Bürger. CSU-Chef Horst Seehofer ließ sich auf dem Parteitag zwar entschuldigen, meldete sich aber per Zeitungsinterview zu Wort. In der "Welt" torpedierte er die am Vortag festgelegte CDU-Linie, nach der es eine umfassende Steuerreform erst nach der Bundestagswahl geben soll.

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