Dritte Kandidatur

Chirac könnte im Rennen bleiben

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Der französische Staatspräsident Chirac kann von der Politik nicht genug bekommen und liebäugelt mit einer dritten Amtszeit.

Während die linke Opposition und selbst weite Teile des eigenen Lagers den fast 74-jährigen Jacques Chirac seit langem auf dem Abstellgleis sehen und von der " Nach-Chirac-Ära" sprechen, macht es der Staatschef jetzt noch einmal spannend. Will er etwa doch in sechs Monaten für ein drittes Mandat antreten? Zumindest mehren sich die Anzeichen dafür, dass es Chirac noch einmal wissen will.

Tief nach Nein zur Verfassung
Nach dem folgenschweren Nein der Franzosen beim Referendum zur EU-Verfassung im Mai 2005 schien das Schicksal des Mannes, der 1995 in den Elysee-Palast eingezogen war, ein für alle Mal besiegelt. Auf Chirac gab kaum jemand noch einen Pfifferling, und die Konservativen setzten auf den scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg des so dynamischen Innenministers Nicolas Sarkozy, der auch die Regierungspartei UMP fest in der Hand hält.

Für Chirac folgte Krise auf Krise - vom leichten Schlaganfall über den heißen Herbst 2005 mit der Gewaltexplosion in den Problemvierteln der unruhigen Vorstädte bis hin zu Problemen um seinen Premierminister Dominique de Villepin. Wer wollte da noch auf Chirac wetten?

An allen Fronten präsent
Seit einigen Monaten aber ist der Staatschef, der sich sonst wenig eingemischt hatte, plötzlich präsent, und zwar an allen Fronten. Er heimste - zumindest bei den Franzosen - Punkte ein für sein als aktiv und umsichtig angesehenes Handeln im Libanon-Konflikt. Innerhalb von drei Monaten gibt Chirac zwei Pariser Zeitungen lange Interviews, was er seit Anfang 2003 nicht mehr getan hatte. Anders als während der Jugendunruhen im Herbst vergangenen Jahres äußert sich Chirac jetzt rasch zum erneuten Aufflackern von Gewalt in den Vororten und fordert das "Verantwortungsbewusstsein" der Bürger ein. Und er verkündet, was durchaus unüblich ist, höchstselbst die Erfolge im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Denn dieses Problem liegt ihm besonders am Herzen.

Aufwind durch Lager-Kämpfe
Feindseligkeiten unter den Spitzenpolitikern seines Lagers geben dem Präsidenten jedoch nun Aufwind, auch die Umfragen fallen (bis auf eine jüngste) wieder etwas besser aus. Wer bringe denn in einer schweren internationalen Krise mehr Autorität und Erfahrung mit als der Präsident, so fragte der ehemalige Premierminister Jean-Pierre Raffarin - und schloss eine neue Kandidatur des Irak-Kriegsgegners Chirac "absolut nicht" aus. Doch will der Präsident dies wirklich?

Comeback-Kid ärgert Sarkozy
"Er kam nur allzu oft aus dem Nirgendwo zurück", meinte auch die Pariser "Le Monde" , offensichtlich habe Chirac eine Kandidatur noch nicht abgeschrieben. " Im ersten Vierteljahr 2007" will er endgültig sagen, ob er antritt. Entscheidend werde sein, was im Interesse des Landes sei, meint er, ganz Präsident der 5. Republik. Und vor allem ärgert er so noch Sarkozy, seinen Widersacher in den eigenen Reihen, der doch bereits Mitte Jänner praktisch als Kandidat feststehen will.

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