Ungarn-Krise

Die Chronologie der Ereignisse

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Von einem Tag auf den anderen hat sich in Ungarn eine veritable Staatskrise entwickelt. Die Hintergründe:

Auslöser der Unruhen
Die Unruhen hatten begonnen, nachdem am Sonntag der Tonbandmitschnitt einer partei-internen Rede vom Mai an die Medien gelangt war, in der Regierungschef Ferenc Gyurcsany unter anderen freimütig eingeräumt hatte, dass seine Partei vor den Parlamentswahlen im April die Wähler belogen habe. Zu den Protestierenden sollen vor allem Mitglieder der rechtsextremistischen Organisationen "Jobbik" (Für ein besseres Ungarn), "Honfoglalas 2000" (Landnahme 2000) sowie die Ungarische Nationale Front gehören.

Straßenkämpfe
Mehrere hundert Demonstranten, darunter Rechtsextremisten und Fußball-Hooligans, belagerten das Fernsehgebäude des öffentlichen-rechtlichen Senders MTV und setzten ein halbes Dutzend Fahrzeuge, darunter einen Wasserwerfer der Polizei, in Brand. Die Die Demonstranten gingen auch mit Brechstangen gegen das sowjetische Heldendenkmal in Budapest vor und zerstörten es teilweise.

Polizei wehrte erste Angriffe ab
Die Polizei wehrte nach 22.00 Uhr einen ersten Angriff auf das Fernsehgebäude ab, griff aber danach nur mehr noch sporadisch in das chaotische Geschehen ein. Die Feuerwehr konnte deshalb die brennenden Fahrzeuge zunächst nicht löschen. Die Flammen schlugen auch auf einen Teil des Fernsehgebäudes über. Die ersten Demonstranten drangen schließlich kurz nach 01.00 Uhr in das Gebäude ein.

Sendebetrieb eingestellt
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen stellte daraufhin den Sendebetrieb auf seinen beiden Kanälen ein. Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany erklärte im privaten Fernsehsender TV 2, dass sich die politischen Probleme nicht auf der Straße lösen ließen. "Die Straße macht die Probleme nur schlimmer", fügte er hinzu. Die Passivität der Polizei begründete er damit, dass zum Zeitpunkt der Eskalation nicht genügend Sicherheitskräfte zur Verfügung gestanden hätten. Der Sprecher des rechts-konservativen Bundes Junger Demokraten (FIDESZ), Peter Szijjarto, nahm die gewalttätigen Protestierer indirekt in Schutz. " Die Menschen wurden von äußerster Verzweiflung und Verbitterung überwältigt, nachdem sie erkannt hatten, dass die Regierung im Interesse des Machterhalts gelogen hatte", erklärte er in Interviews. Die Fraktionschefin der Sozialistin, Ildiko Lendvai, betonte, dass alle Parteien nun die Aufgabe hätten, "ihre Anhänger von der Straße zu rufen ".

"Moralische Krise"
Von Staatspräsident Laszlo Solyom erwarten die Demonstranten die sofortige Neuausschreibung von Parlamentswahlen. Solyom kritisierte Gyurcsany, da er eine "moralische Krise" in Ungarn ausgelöst habe. Gyurcsany hätte seine persönliche Verantwortung mit der Einschätzung der Politik der vergangenen 16 Jahre "vermischt" und damit die Krise noch verschärft. Er müsse sich bei der Gesellschaft entschuldigen. Solyom forderte Gyurcsany aber nicht zum Rücktritt auf, da die Verfassung für ihn keine Möglichkeiten der Einmischung biete. Die Regierung sei dem Parlament verantwortlich, erinnerte der Staatschef.

Audio-Aufnahme der Rede aufgetaucht
Gyurcsany hatte in einer internen Rede vor der Parlamentsfraktion der Sozialisten (MSZP) im Mai erklärt, sein Kabinett habe in den vergangenen Jahren gelogen und nichts erreicht. Eine Audio-Aufnahme der Rede war am Sonntag an die Öffentlichkeit gelangt. Daraufhin kam es zu Protestkundgebungen in Budapest gegen die Regierung.

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